Digitale Innovation
Einleitung
In seinem JAMA Artikel „How AI Could Reshape Health Care—Rise in Direct-to-Consumer Models“, beschreibt Kenneth D. Mandl, wie künstliche Intelligenz (KI) die Gesundheitsversorgung grundlegend verändern könnte, insbesondere durch den Aufstieg direkter Konsumentenmodelle (DTC). Er hebt hervor, dass Google Search längst als Entscheidungshilfe für Patienten dient, während Amazon Prime Telemedizin, Apothekenleistungen und vor Ort hausärztliche Versorgung integriert. Traditionelle Gesundheitsorganisationen (HCOs) kämpfen jedoch mit der digitalen Innovation, da sie an starren Strukturen und komplexen Anforderungen hängen bleiben. Gleichzeitig kommt es zu einer Vermarktwirtschaftlichung der Gesundheitsversorgung durch DTC-Unternehmen, die mit Big Tech und agilen KI-Lösungen schnell skalieren und personalisierte Angebote schaffen, während HCOs Marktanteile an diese Innovatoren verlieren könnten. (Mandl 2025)
Die Studie „A scoping review of ethical aspects of public-private partnerships in digital health“ von Marieke A. R. Bak et al. (npj Digital Medicine, 2025) analysiert ethische Herausforderungen von öffentlich-privaten Partnerschaften (PPPs) im Bereich digitaler Gesundheit anhand von 46 Studien aus PubMed, EMBASE und Web of Science. Drei Hauptthemen wurden identifiziert: Datenschutz und Einwilligung, Sicherstellung öffentlicher Vorteile und Zugang sowie gute Governance und Vertrauenswürdigkeit. Die Ergebnisse zeigen, dass PPPs Datenschutzbedenken, unklare Definitionen von „öffentlichem Nutzen“ und Machtungleichgewichte zwischen Partnern aufwerfen, wie beispielsweise in den kontroversen Fällen care.data, NHS/DeepMind und deCODE. Die Autoren empfehlen frühzeitige, kontextbezogene Ethikrichtlinien, transparente Governance und öffentliche Beteiligung, um verantwortungsvolle Innovation zu fördern, und fordern weitere Forschung zu tripartiten Partnerschaften und der „Ökonomisierung“ digitaler Gesundheit. (Bak u. a. 2025)
Patienten übernehmen zunehmend selbst die Verantwortung für ihre Gesundheit. In Anbetracht langer Wartezeiten, Ärztemangels und einer wachsenden Auswahl an Selbsthilfe-Tools ist ein unbeantworteter Bedarf entstanden. Labortests, etwa von Quest Diagnostics, ermöglichen es, Blutuntersuchungen für chronische Erkrankungen ohne ärztliche Überweisung zu bestellen, wobei die Ergebnisse mit einem Arzt besprochen werden sollten. Tragbare Geräte wie der KardiaMobile-EKG-Monitor erlauben die Überwachung des Herzrhythmus zu Hause. KI-Tools wie ChatGPT werden genutzt, um Symptome zu recherchieren und Diagnosen vorzuschlagen, wie im Fall eines Jungen, dessen Tethered-Cord-Syndrom durch die Analyse seiner Mutter mit ChatGPT erkannt wurde. Experten weisen auf Risiken hin, darunter unzuverlässige KI-Ergebnisse und Datenschutzprobleme, und betonen die Notwendigkeit klinischer Validierung und ärztlicher Aufsicht für eine sichere und effektive Nutzung dieser Technologien. [Landro (2025);holohan2023]
Übersicht Digitale Technologien
Die Studie „The Nature of Digital Technologies – Development of a Multi-layer Taxonomy“ von Stephan Berger, Marie-Sophie Denner und Maximilian Röglinger entwickelt eine mehrschichtige Taxonomie zur Klassifizierung digitaler Technologien (DTs). Sie strukturiert diese entlang vier Schichten (Service, Content, Network, Device) und acht Dimensionen, basierend auf einer umfassenden Literaturrecherche und der Methode von Nickerson et al. (2013). Durch die Klassifizierung von 45 DTs aus dem Gartner Hype Cycle und eine Clusteranalyse wurden sieben Archetypen identifiziert, darunter Plattformen, Konnektivität und augmented Interaction. Die Taxonomie und Archetypen fördern das Verständnis der Natur von DTs und unterstützen fundierte Entscheidungen über deren Einsatz. Die Studie betont die Notwendigkeit, das sich schnell entwickelnde Feld der DTs kontinuierlich zu überarbeiten, und trägt zum deskriptiven Wissen bei. (Berger, Denner, und Roeglinger 2018)
Der Artikel mit dem Titel „A Taxonomy for Digital Technology“ (2021) befasst sich sachlich und nüchtern mit der Rolle und Charakterisierung digitaler Technologien im Kontext der digitalen Transformation. Er zeigt auf, wie die Verschmelzung persönlicher und unternehmerischer IT-Umgebungen die soziale Vernetzung stärkt und lokale Gemeinschaften fördert, unter anderem durch Technologien wie soziale Medien, Mobile, Analytics, Cloud und das Internet der Dinge. Die Arbeit entwickelt auf Basis einer Literaturübersicht und eines Taxonomie-Entwicklungsansatzes eine systematische Einordnung digitaler Technologien, deren Wirkungen sowie die Komponenten digitaler Plattformen und Ökosysteme. Ziel ist es, das Verständnis digitaler Technologien in der Forschung zur digitalen Transformation zu vertiefen. (Gomes u. a. 2021)
Geschäftsmodelle
Softwarehersteller im Bereich der ambulanten Medizin nutzen unterschiedliche Geschäftsmodelle. Sie unterscheiden sich in Kostenstrukturen und Innovationskraft. Es gibt Anbieter mit Lizenzmodell, bei dem Ärzte Anschaffungskosten zahlen, gefolgt von jährlichen Gebühren. Andere bieten Abonnements (SaaS), bei denen monatliche Gebühren für Cloud-basierte Lösungen anfallen – flexibel, aber mit fortlaufenden Kosten und Notwendigkeit eines von Internetzugang; die Innovationskraft ist hoch, da regelmäßige Updates den Wettbewerb antreiben. Wieder andere verkaufen Software als einmaligen Kauf mit optionalen Supportverträgen. Das Genossenschaftsmodell der Duria eG hebt sich davon ab: ÄrztInnen zahlen einmalig einen Genossenschaftsanteil und einen jährlichen Beitrag.
Digitale Innovationen können über direkte und indirekte Zugangswege in den ersten Gesundheitsmarkt integriert werden (Gersch und Danelski 2022).
Direkte Zugangswege (B2P/B2C-Lösungen)
- Digitale Pflegeanwendungen (DiPA, §40a SGB XI):
- Versorgung von Pflegebedürftigen mit digitalen Anwendungen, die deren Selbstständigkeit fördern.
- Antragstellung erfolgt bei der Pflegekasse.
- Nicht zwingend als Medizinprodukt klassifiziert.
- Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA, §139e SGB V):
- Medizinprodukte der Risikoklasse I oder IIa.
- Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis durch das Fast-Track-Verfahren des BfArM.
- Verordnung durch Ärzte oder Psychotherapeuten (“App auf Rezept”).
- Primärprävention (§20 SGB V):
- Angebote zur Verhinderung von Krankheitsrisiken (z. B. Bewegung, Ernährung).
- Individuelle Verträge der Krankenkassen, keine gesetzliche Regelversorgung.
- Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB, §§135, 137c-h SGB V):
- Erprobung und mögliche Integration neuer Methoden in den Leistungskatalog.
- Voraussetzung: wissenschaftlicher Nachweis von Nutzen und Wirksamkeit.
- Hilfsmittel (§33, §139 SGB V, §40, §78 SGB XI):
- Versorgung mit medizinischen oder pflegerischen Hilfsmitteln.
- Digitale Lösungen wie Medikamentenspender, Trackingsysteme, etc.
- Satzungsleistungen (§11 SGB V):
- Krankenkassen können freiwillige Zusatzleistungen anbieten (z. B. nicht verschreibungspflichtige Medikamente).
- Besondere Versorgung (§140a SGB V):
- Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern, z. B. für sektorenübergreifende Lösungen.
Indirekte Zugangswege (B2B-Modelle)
- Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG):
- Finanzierung von Digitalisierungsprojekten in Krankenhäusern (z. B. elektronische Patientenakten, IT-Sicherheit).
- White-Label-Lösungen:
- Anpassung digitaler Produkte an die Markenidentität der Kunden, z. B. für Krankenversicherungen oder Pflegeeinrichtungen.
- Anything-as-a-Service (XaaS):
- Cloud-basierte IT-Dienstleistungen für Stakeholder im Gesundheitswesen (z. B. SaaS, PaaS).
- IT-Service-Provider:
- Langfristige Bereitstellung von IT-Diensten für Krankenkassen und andere Akteure (z. B. Digitalisierung von Prozessen).
- Modulare Funktionsangebote:
- Dienste wie Trust-Service-Provider (z. B. digitale Signaturen) oder Datenaggregatoren.
Entwicklungsprozess
Die Studie mit dem Titel „A Human-Centered Approach for a Student Mental Health and Well-Being Mobile App: Protocol for Development, Implementation, and Evaluation“ beschreibt die Entwicklung und Evaluation einer mobilen App namens Willo, die die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden von Studierenden an der Universität verbessern soll. Dabei wurde ein nutzerzentrierter Ansatz gewählt, bei dem Studierende aktiv in den gesamten Prozess eingebunden wurden. Ziel der App ist es, die Nutzung von campusinternen Unterstützungsangeboten zu fördern und durch die Integration mit elektronischen Gesundheitsakten eine bessere Koordination der Versorgung zu ermöglichen. Die Studie umfasst eine umfassende Evaluation mittels Umfragen, App-Nutzungsanalysen sowie qualitativen Interviews und Fokusgruppen, um Wirksamkeit, Akzeptanz und Nachhaltigkeit der App zu prüfen. (Gholami u. a. 2025)
Beispiele
Forschungsprojekt | URL |
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Neue Versorgungsformen | innovationsfonds.g-ba.de |
Blog3 | blog3.de |
Initiative | URL |
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AdAM steht für „Anwendung für digital unterstütztes Arzneimitteltherapie-Management“ | teledermatologie.infokom.de |
RP-DOC | rpdoc.de |
PAVK-TEGECOACH | innovationsfonds.g-ba.de |
Veovita | veovita.de |
Digimanagerin
Die Fortbildung „Digi-ManagerIn“ der KVWL qualifiziert nichtärztliches Praxispersonal in Westfalen-Lippe zu Digitalisierungsbeauftragten. Sie umfasst 205 Stunden und wird in Kooperation mit der Ärztekammer Westfalen-Lippe und der Universität Witten/Herdecke durchgeführt. Theoretische Module behandeln Datenschutz, Telematikinfrastruktur und digitale Kommunikation. Praktische Anwendungen finden in der digitalen Musterpraxis „dipraxis“ statt. Teilnehmende erstellen eine praxisindividuelle Digitalisierungsstrategie mit dem KVWL-Reifegradmodell. Praxen erhalten 5.000 Euro Aufwandsentschädigung für die Freistellung. Das Programm startete im April 2023 und wird ab 2025 zweimal jährlich angeboten. In Baden-Württemberg bietet die Landesärztekammer mit der MAK und dem Bosch Digital Innovation Hub ein Blended-Learning-Seminar „Digi-Managerin (Arztpraxis)“ an. Es richtet sich an medizinisches Fachpersonal, umfasst 40 Unterrichtseinheiten über fünf Tage in Stuttgart und kostet 298 Euro. Weitere Informationen gibt es unter www.aerztekammer-bw.de. Andere Bundesländer bieten derzeit keine vergleichbare Fortbildung mit diesem Titel an. Ähnliche Weiterbildungen zur Digitalisierung existieren jedoch deutschlandweit. kv-innovationsscout.de/projekt/digi-managerin aerztekammer-bw.de/digi-managerin kvwl.de/themen-a-z/digi-managerin kvbawue.de/kvbw/aktuelles/news-artikel/neues-mak-seminar-digi-managerin
Referenzpraxis
Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) präsentiert mit der „dipraxis“ eine Ausstellung zur Digitalisierung im Gesundheitswesen. In dieser Beispielpraxis können Vertragsärzte und -psychotherapeuten digitale Tools wie Online-Terminbuchungen, digitales Patientenmanagement und Telematikinfrastruktur-Anwendungen direkt testen und Fortbildungspunkte sammeln. Die KVWL bietet neutrale, herstellerunabhängige Beratung, zeigt auf Touchscreens Datenanalysen und teilt Erfahrungsberichte von Kollegen. Ähnlich unterstützt die KV Berlin mit der „DEMO E-Health Showpraxis“ Praxisteams durch interaktive Einblicke in digitale Lösungen, die Praxisabläufe optimieren, die Zusammenarbeit fördern und die Patientenversorgung verbessern. Termine für beide Showrooms sind online buchbar. Die KV Brandenburg fördert digitale Referenzpraxen mit monatlich 1.000 Euro, um praxistaugliche Innovationen zu testen.
Plattformen
Medxsmart.de ist eine Vergleichsplattform, die speziell für digitale Tools in Arztpraxen entwickelt wurde. Sie bietet Ärztinnen und Ärzten die Möglichkeit, verschiedene Lösungen zu durchsuchen und zu vergleichen, um die Digitalisierung ihrer Praxis zu optimieren.
Die Open Healthcare Alliance (OHA) ist ein Netzwerk, das sich darauf konzentriert, die digitale Gesundheitsversorgung voranzutreiben. Es fördert die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen verschiedenen Akteuren im Gesundheitssektor, um innovative, interoperable Lösungen zu entwickeln und zu implementieren.
Solutionfinder.health ist eine Plattform, die Health IT Lösungen für Gesundheitsdienstleister zusammenführt. Sie bietet eine zentrale Anlaufstelle, um digitale Tools und Services zu entdecken, die für spezifische Bedürfnisse im Gesundheitswesen geeignet sind, und somit die Auswahl und Implementierung dieser Lösungen erleichtert.
United Web Solutions ist ein Verband, der sich darauf spezialisiert hat, die Digitalisierung im Gesundheitswesen durch maßgeschneiderte IT-Lösungen voranzutreiben. Er bietet Krankenhäusern und MVZ die Möglichkeit, durch die Kombination verschiedener Expertenlösungen ihre Arbeitsprozesse zu optimieren und effizienter zu gestalten.
healthon.de ist eine Informations- und Qualitätsplattform für Gesundheits-Apps in Deutschland, die Verbraucher und Fachöffentlichkeit über Trends und Entwicklungen in der digitalen Gesundheit informiert. Sie bewertet Gesundheits-Apps, Medizin-Apps und Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) anhand eines Ehrenkodex, bietet Testberichte, Marktanalysen und Statistiken wie das DiGA-Dashboard, um Transparenz zu schaffen.
Das KV-Appradar ist ein Informationsportal des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), das seit 2021 Fachinformationen zu über 3.400 Gesundheits-Apps und Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) bietet, um Ärzt:innen, Psychotherapeut:innen und Patient:innen bei der Orientierung im App-Markt zu unterstützen. Sie kategorisiert Apps in etwa 60 Themenbereiche, liefert Bewertungen, Downloadzahlen und unterscheidet sich von App-Stores durch medizinische Relevanz und Diagnoseinformationen.
Mindapps beinhaltet die Mobile Health Index and Navigation Database (MIND), eine interaktive Plattform, die dabei hilft, Apps für mentale Gesundheit und Gehirnfunktionen zu finden, die individuellen Bedürfnissen und Vorlieben entsprechen. Nutzer können Apps nach Kriterien wie Datenschutz, Kosten (inklusive kostenloser Optionen), wissenschaftlicher Evidenz und Nutzerfreundlichkeit durchsuchen, um die passende Anwendung für sich zu identifizieren. Die Datenbank richtet sich an alle, die mentale Gesundheits-Apps suchen, und bietet eine Vielzahl von Kategorien wie Apps gegen Depressionen, Angstzustände oder Stress. Sie wird als gemeinnütziges Projekt ohne Werbung präsentiert und zielt darauf ab, personalisierte Lösungen für psychisches Wohlbefinden zu fördern.
DigaDocs bietet Informationen zu Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) in Deutschland, die seit Ende 2019 auf Rezept verschrieben werden können. Die Plattform richtet sich an Patienten sowie ärztliches und therapeutisches Personal und stellt Testberichte, Übersichten zu zugelassenen DiGAs und wissenschaftliche Einschätzungen bereit.
Offener Quelltext
Open-Source-Software ist in ambulanten Arztpraxen bisher wenig verbreitet, während sie in anderen Bereichen des Gesundheitswesens, insbesondere in Gesundheitsämtern, zunehmend an Bedeutung gewinnt. In Arztpraxen dominieren proprietäre Praxisverwaltungssysteme, da diese oft spezialisierte Funktionen für Abrechnung, Dokumentation und Telematikinfrastruktur bieten. Open-Source-Lösungen wie OpenEMR oder Thera-Pi existieren zwar, werden aber vergleichsweise selten genutzt, da viele Praxen auf zertifizierte, kommerzielle Software angewiesen sind und Wechselbarrieren hoch sind. Im Gegensatz dazu haben Gesundheitsämter in den letzten Jahren verstärkt auf Open Source gesetzt. Ein prominentes Beispiel ist SORMAS, das in vielen deutschen Gesundheitsämtern zur digitalen Kontaktnachverfolgung während der COVID-19-Pandemie eingesetzt wurde. Auch das Open-Source-Projekt Agora zeigt, dass öffentliche Stellen zunehmend auf offene, transparente Softwarelösungen setzen.
Der medatixx-HealthHub ist ein digitales Ökosystem, das Praxen und Gesundheitsdienstleister durch moderne FHIR-Standards nahtlos vernetzt. Es ermöglicht Softwareanbietern, ihre Lösungen sicher und standardisiert in die medatixx-Praxissoftware zu integrieren, während Praxen aus einem Marktplatz digitaler Anwendungen wählen können, um Prozesse effizienter zu gestalten. Die Plattform fördert Zusammenarbeit, verbessert Kommunikation und unterstützt die Digitalisierung im Gesundheitswesen, wobei Sicherheit durch einen Akkreditierungs- und Testprozess gewährleistet wird.
Zertifizierung Digitaler Anwendungen
Gesundheits-Apps bilden die Mehrheit der verfügbaren Anwendungen und umfassen ungeschützte Begriffe wie Lifestyle-Apps (z. B. Fitness-Tracker) oder serviceorientierte Apps, die keine medizinischen Zwecke verfolgen, sondern Informationen und Organisation unterstützen. Digitale Medizinprodukte hingegen sind CE-gekennzeichnete Anwendungen, die nach EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) registriert sind und gezielt Krankheiten erkennen, behandeln oder Patienten zu einem gesundheitsförderlichen Leben begleiten. DiGA (Digitale Gesundheitsanwendungen) sind eine spezielle Unterkategorie digitaler Medizinprodukte, die zusätzlich vom BfArM auf Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit geprüft werden, einen positiven Gesundheitsnutzen nachweisen müssen und als „Apps auf Rezept“ erstattungsfähig sind, wenn sie ärztlich verschrieben oder direkt über die Krankenkasse bei Diagnose beantragt werden.
Der DiGA-Analyzer von fbeta ist ein Analysetool, das Daten des DiGA-Verzeichnisses des BfArM strukturiert, visuell aufbereitet und im Verlauf einordnet. Er bietet interaktive Charts und Einblicke zu Markttrends, Evidenznarrativen und der Verzeichnis-Historie, um Marktlücken zu identifizieren und strategische Entscheidungen im Bereich Digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGA) zu unterstützen. Die quartalsweise aktualisierten Daten basieren auf dem Bundesanzeiger und ermöglichen nutzerdefinierte Analysen für Markteinblicke.
Die Studie von Shaheen E. Lakhan, veröffentlicht im Mai 2025 in Cureus, stellt den Composite Digital Therapeutic Index (cDTI) vor, ein Rahmenwerk zur Bewertung von verschreibungspflichtigen digitalen Therapeutika (PDTs). Der cDTI kombiniert vier Domänen – Wirksamkeit, Engagement, Evidenzqualität und Sicherheit – zu einem einzigen Score, um von der FDA zugelassene PDTs zu vergleichen. Der cDTI bietet ein transparentes, reproduzierbares Werkzeug für Stakeholder, mit Plänen zur Erweiterung um Real-World-Daten und weitere Domänen wie Gerechtigkeit und Kosteneffizienz. (Lakhan 2025)
Die Studie „Evolving Digital Health Technologies: Aligning With and Enhancing the National Institute for Health and Care Excellence Evidence Standards Framework“ analysiert die aktuellen NICE-Rahmenbedingungen zur Bewertung digitaler Gesundheitstechnologien (DHTs). Sie zeigt auf, dass der bestehende Evidence Standards Framework (ESF) für DHTs, insbesondere für KI-gestützte Diagnostik und Wearables, aufgrund seiner statischen Evidenzanforderungen und mangelnden Integration von Real-World-Daten den Anforderungen sich rasch entwickelnder Technologien nicht gerecht wird. Die Autoren empfehlen eine dynamische, iterative Weiterentwicklung des ESF, die modulare Evaluationsprozesse, regulative „Sandboxen“, gemeinsame Datenplattformen und Co-Design von Evidenzstrategien beinhaltet, um Innovationen sicher und schneller in das Gesundheitssystem zu integrieren und so bessere Patientenergebnisse zu fördern. (Bahadori u. a. 2025)
DiGA
Die Studie „Patient Acceptance of Prescribed and Fully Reimbursed mHealth Apps in Germany: An UTAUT2-based Online Survey Study“ untersucht die Akzeptanz von mobilen Gesundheitsanwendungen (mHealth) in Deutschland. Sie analysiert die Bereitschaft der Patienten, solche Apps zu nutzen, und identifiziert Einflussfaktoren wie Leistungserwartung, Selbsteffizienz und Einstellung. Basierend auf einer Online-Umfrage mit 1051 Teilnehmern zeigt die Studie eine hohe Nutzungsbereitschaft (76 %), besonders bei staatlich zertifizierten Apps, während nur 27 % bereit sind, diese selbst zu bezahlen. Die Ergebnisse betonen die Notwendigkeit, negative Vorurteile frühzeitig abzubauen und die Vorteile von mHealth-Apps klar zu kommunizieren. (Uncovska u. a. 2023a)
Die Studie „Rating analysis and BERTopic modeling of consumer versus regulated mHealth app reviews in Germany“ untersucht, wie Nutzer in Deutschland verschreibungspflichtige und von der Krankenkasse erstattete Gesundheits-Apps (DiGAs) im Vergleich zu frei erhältlichen mHealth-Apps bewerten und erleben. Analysiert wurden über 17.000 deutsche App-Bewertungen aus den App-Stores; dabei zeigt sich, dass DiGAs seit ihrer Einführung insgesamt besser bewertet werden und vor allem für ihren Kundenservice und die Personalisierung gelobt werden. Gleichzeitig äußern Nutzer von DiGAs Kritik an Softwarefehlern und einer umständlichen Anmeldung, während bei nicht-regulierten Apps vor allem hohe Preise und Abofallen kritisiert werden. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Nutzererfahrungen für die Akzeptanz digitaler Gesundheitsanwendungen und legen nahe, dass diese stärker in Zulassungsprozesse integriert werden sollten. (Uncovska u. a. 2023b)
Die Studie „Negotiating pricing and payment terms for insurance covered mHealth apps: a qualitative content analysis and taxonomy development based on a German experience“ untersucht die Verhandlungsprozesse rund um Preis- und Zahlungsmodelle für gesetzlich erstattete digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) in Deutschland. Auf Basis von Experteninterviews mit Vertretern von App-Anbietern und Krankenkassen analysiert die Studie Interessenlagen beider Seiten und entwickelt eine Taxonomie möglicher Preismodelle für erstattungsfähige mHealth-Apps. Die Ergebnisse zeigen, dass wertbasierte und nutzungsbasierte Preismodelle von beiden Seiten als besonders relevant angesehen werden, während Transparenz und Patientennutzen als zentrale Leitprinzipien für künftige Vergütungsmodelle hervorgehoben werden. (Freitag, Fehring, u. a. 2024)
Die Studie “Cost-effectiveness analysis of mHealth applications for depression in Germany using a Markov cohort simulation” untersucht die Wirtschaftlichkeit von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) zur Behandlung von Depressionen in Deutschland. Mithilfe eines Kohorten-basierten Markov-Modells wurde analysiert, wie sich der Einsatz von DiGA im Vergleich zur Standardversorgung auf Kosten und gesundheitsbezogene Lebensqualität (QALY) über einen Zeitraum von fünf Jahren auswirkt. Die Ergebnisse zeigen, dass DiGA bei depressiven Patient*innen zwar zu einer leichten Verbesserung der Lebensqualität führen, jedoch mit zusätzlichen Kosten verbunden sind und unter den aktuellen Preisstrukturen nicht kosteneffektiv für das deutsche Gesundheitssystem sind. (Freitag, Uncovska, u. a. 2024)
Die Studie mit dem Titel „Health Care Effects and Evidence of DiGA: A Systematic Review of Studies Submitted to the German Federal Institute for Drugs and Medical Devices“ analysiert alle Studien, die Hersteller von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) in Deutschland eingereicht haben, um den Nachweis positiver Versorgungseffekte zu erbringen. Dabei liegt der Fokus auf der Bewertung der gesundheitlichen Wirksamkeit und der Robustheit der vorgelegten Evidenz dieser digitalen Anwendungen. Ziel ist es, die Qualität der Studien zu prüfen und zu beurteilen, wie gut DiGA tatsächlich die Patientenversorgung verbessern können. (Sippli u. a. 2025)
Gründungszentren
Startup-Inkubatoren und -Acceleratoren für digitale Gesundheitsunternehmen unterstützen digitale Lösungen im Gesundheitswesen, indem sie Gründern Ressourcen, Netzwerke und Finanzierung bereitstellen. Flying Health in Berlin verbindet Startups mit etablierten Akteuren der Gesundheitsbranche, bietet strategische Beratung und unterstützt bei der Entwicklung zukunftsfähiger Geschäftsmodelle. Startupbootcamp Digital Health mit Sitz in Berlin beschleunigt junge Unternehmen durch ein intensives Programm, das von Partnern wie Sanofi oder Munich Re unterstützt wird, und hat Erfolge wie BOCAhealth (Hydrationsmessung) vorzuweisen. G4A Health, initiiert von Bayer, bietet Startups bis zu 100.000 Euro, 100 Tage Co-Working-Space und Mentoring, wobei seit 2013 über 150 digitale Gesundheitsfirmen gefördert wurden, darunter Okko Health (Augen-Biomarker). Speedinvest, ein europäischer Venture-Capital-Fonds, investiert in frühe Phasen digitaler Gesundheitslösungen und bietet neben Kapital auch strategische Unterstützung. Bosch Health Campus in Stuttgart fördert interdisziplinäre Innovationen im Gesundheitsbereich mit Fokus auf Forschung und Kooperationen. Hubs Sidepreneur listet verschiedene deutsche Inkubatoren auf, die teils auch Health-Startups unterstützen, wobei der Fokus jedoch breiter gefasst ist. Diese Programme unterscheiden sich in ihrer Ausrichtung – von praxisnaher Frühentwicklung bis hin zu langfristiger Forschungskooperation – und tragen gemeinsam dazu bei, die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben.
Veranstaltungsformate
Die Ideenkampagne ADRENALIN@UKSH startete 2021 am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein mit dem Ziel, Mitarbeitende aktiv in die Zukunftsgestaltung einzubinden. Für ambulante Praxen ist dabei besonders relevant, dass der Erfolg digitaler Innovationen von einer offenen internen Kommunikation und dem Engagement des Teams abhängt. Über eine ganzheitliche Strategie, die technische Lösungen mit sozialen und organisatorischen Faktoren verbindet, lassen sich digitale Technologien in den Praxisalltag integrieren. Hackathons bringen interdisziplinäre Teams zusammen, um komplexe Probleme des Gesundheitswesens kreativ zu lösen. Sie fördern den Wissenstransfer zwischen Forschung, Wirtschaft und Praxis, treiben technologische und organisatorische Innovationen voran und stärken durch Kooperationen.
Transformation in der Medizin
Historie der medizinischen Transformation
Die Entwicklung der Medizin lässt sich in Etappen parallel zu den industriellen Revolutionen gliedern. Medizin 1.0, beeinflusst durch die erste industrielle Revolution, fokussierte auf öffentliche Gesundheit und Hygiene, wie in „History of Medicine: The Metamorphosis of Scientific Medicine in the Ever-Present Past“ beschrieben (Cruse 1999). Medizin 2.0, ermöglicht durch die zweite industrielle Revolution, brachte Krankenhäuser, Spezialisierung und verbesserte Ausbildung. (Chen u. a. 2019) Die dritte industrielle Revolution führte zu Medizin 3.0 mit elektronischen Gesundheitsakten und bildgebender Diagnostik (Cruse 1999; Chen u. a. 2019). Aktuell prägt Medizin 4.0, verknüpft mit der vierten industriellen Revolution, die Gesundheitsversorgung durch KI in Diagnostik und Therapie, Telemedizin, personalisierte Medizin, robotergestützte Chirurgie und Wearables, wie in „Internet of Medical Things and Healthcare 4.0“ und weiteren Studien erläutert. (Osama u. a. 2023a; Al-Jaroodi, Mohamed, und Abukhousa 2020a; Awad u. a. 2021; Alowais u. a. 2023; Singhal u. a. 2025) Diese Phase erfordert neue Kompetenzen und stellt Anforderungen an Datenschutz und Interdisziplinarität. Diskussionen über Healthcare 5.0, die stärkere Mensch-Technik-Interaktion adressiert, sind in „Healthcare 4.0: Recent Advancements and Futuristic Research Directions“ skizziert. (Gupta und Singh 2023a; Popov u. a. 2022)
Veränderte Berufsbilder
Die Studie „Digitalization in Healthcare: Today and in the Future“ zeigt, dass die Digitalisierung und Industrie 4.0 im Gesundheitswesen nur begrenzt Berufe ersetzen können, vor allem administrative und repetitive Tätigkeiten wie Terminmanagement, Abrechnung oder einfache Diagnostik (Stachwitz und Debatin 2023). Pflege- und ärztliche Tätigkeiten mit Patientenkontakt und komplexer Entscheidungsfindung bleiben kaum substituierbar, werden jedoch durch digitale Tools wie Telemedizin oder KI-gestützte Entscheidungsunterstützung ergänzt (Stachwitz und Debatin 2023; Osama u. a. 2023b; Al-Jaroodi, Mohamed, und Abukhousa 2020b). Neue Berufsbilder wie Data Scientist, KI-Spezialist oder Telemedizin-Koordinator entstehen, während bestehende Berufe neue Kompetenzen in Datenmanagement und interdisziplinärer Zusammenarbeit erfordern (Barbazzeni, Haider, und Friebe 2022). Die Entwicklung dieser Berufsbilder hängt von der Digitalisierungsgeschwindigkeit und regulatorischen Rahmenbedingungen ab. (Barbazzeni, Haider, und Friebe 2022; Jose u. a. 2022; Gupta und Singh 2023b; Lhotska 2020; Popov u. a. 2022)
Technologische Disruption
Die Studie “Voice as a Biomarker in Health-Tech: Mapping the Evolving Landscape of Voice Biomarkers in the Start-Up World” von Emily G. Evangelista und Kollegen untersucht die wachsende Rolle von Stimmbiomarkern in der Gesundheitstechnologie. Dies könnte andere, bisherige Diagnoseverfahren teilweise obsolet machen. Der Markt für Stimmbiomarker wurde 2021 mit 1,9 Milliarden US-Dollar bewertet und soll bis 2028 auf über 5,1 Milliarden US-Dollar ansteigen, mit einer jährlichen Wachstumsrate von 15,15 %. Ziel der Studie war es, die aktuelle Landschaft von Start-ups zu kartieren, die Stimme als Gesundheitsbiomarker nutzen. Dafür wurden umfassende Recherchen über Internetquellen, soziale Medien und Literaturdatenbanken durchgeführt. Insgesamt wurden 27 Start-ups identifiziert, die KI einsetzen, um Stimmbiomarker zu entwickeln; 24 davon sammelten Investitionen in Höhe von über 178 Millionen US-Dollar und veröffentlichten gemeinsam 194 Publikationen, von denen 66 % peer-reviewed sind. (Evangelista u. a. 2024)
Die Arbeit “Disruptive Innovation – Considerations for Health and Health Care in Europe”, herausgegeben von der Expertengruppe der Europäischen Kommission für effektive Investitionen im Gesundheitswesen (EXPH), untersucht das Potenzial disruptiver Innovationen im europäischen Gesundheitssektor. Disruptive Innovationen werden als Veränderungen definiert, die neue Netzwerke und Organisationsstrukturen schaffen, ältere Systeme verdrängen und Gesundheitsversorgung effizienter sowie zugänglicher machen. Die Expertengruppe identifiziert fünf zentrale Bereiche für disruptive Innovationen: translationale Forschung, Zugang zu neuen Technologien, Präzisionsmedizin, Ausbildung von Gesundheitsfachkräften und Gesundheitsförderung. Es empfiehlt politische Maßnahmen, um förderliche Bedingungen für Innovationen zu schaffen und bestehende Barrieren zu überwinden, während gleichzeitig Gerechtigkeit, Qualität und Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen gewahrt bleiben. (Innovation, o. J.)
Die Studie „Does hype create irreversibilities? Affective circulation and market investments in digital health“ von Susi Geiger und Nicole Gross untersucht die Beziehung zwischen Technologie-Hype und Marktinvestitionen im Bereich der digitalen Gesundheit. Sie analysiert, wie Akteure Hype erzeugen, unterstützen und bewerten, und zeigt, wie dieser Hype finanzielle, symbolische und materielle Investitionen lenkt. Die Untersuchung deckt auf, dass Hype durch affektive Zirkulation sozioökonomischer, technologischer und politischer Versprechen Märkte formt, aber auch zu irreversiblen Marktentwicklungen führen kann. Abschließend warnen die Autoren vor unreflektiertem Vertrauen in Hype und betonen die Notwendigkeit, gesellschaftliche, ethische und wirtschaftliche Aspekte bei Marktinvestitionen zu berücksichtigen. (Geiger und Gross 2017)
Die Studie „Digital Health: Hope, Hype, and Amara’s Law“ von Spencer D. Dorn untersucht die Auswirkungen digitaler Technologien auf das Gesundheitswesen. Sie beschreibt, wie große Datenmengen gesammelt, analysiert und genutzt werden, um Gesundheit und Versorgung zu verbessern. Patienten- und Arzt-orientierte Technologien sowie Tools zur Verbesserung der Kommunikation zwischen beiden werden vorgestellt. Die Studie beleuchtet zentrale Herausforderungen wie technische, kulturelle und regulatorische Hürden sowie die Schwierigkeit, Verhaltensänderungen bei Individuen und Organisationen zu bewirken. Abschließend wird betont, dass digitale Gesundheit trotz großem Potenzial nur schrittweise Veränderungen bringen wird, da komplexe Probleme keine einfachen Lösungen haben. (Dorn 2015)
Die digitale Transformation im Gesundheitswesen wird durch theoretische Ansätze wie Schumpeters „schöpferische Erneuerung“ erklärt, die disruptive Veränderungen und Umbruchsphasen beschreiben. Neo-Schumpeterianische Modelle analysieren digitale Innovationen als Treiber neuer Geschäftsmodelle, während konzeptionelle Rahmenmodelle Akteure und Prozesse strukturieren. Organisationskultur und Leadership fördern die Implementierung digitaler Technologien, während Change Agents und Future Literacies entscheidend sind, um Widerstände zu überwinden und nachhaltige Innovationen zu gestalten. Dennoch birgt die Transformation Risiken wie Versorgungslücken, die durch strukturiertes Qualitätsmanagement und Kompetenzentwicklung minimiert werden müssen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. (Peralta und Rubalcaba 2021; Flessa und Huebner 2021; Konopik und Blunck 2023; Wentzer 2019)
Resilienz in Zeiten der digitalen Veränderungen
Die Studie „Managing operational resilience during the implementation of digital transformation in healthcare organisational practices“ von Paulo Sergio Altman Ferreira untersucht, wie Gesundheitsorganisationen operative Resilienz während digitaler Transformationsprozesse aufrechterhalten können. Mithilfe der kulturhistorischen Aktivitätstheorie und ethnografischer Methoden, insbesondere Shadowing, analysiert die Studie alltägliche Praktiken und Interaktionen. Die Ergebnisse zeigen, dass effektives Resilienzmanagement auf der Erkennung interner Widersprüche, der Navigation durch multiple Standorte, der Balance zwischen dyadischen und vernetzten Abhängigkeiten sowie der Einführung neuer Tools und Regelungen beruht. Die Studie betont die Bedeutung, unterschiedliche Interessen in gegenseitige Vorteile umzuwandeln, und hebt die Komplexität der Navigation durch unsichere Informationen und widersprüchliche Interessen hervor. (Altman Ferreira 2025)
Die Studie „The paradoxical effects of digital artefacts on innovation practices“ von Raffaele Fabio Ciriello, Alexander Richter und Gerhard Schwabe untersucht die Rolle digitaler Artefakte in Innovationsprozessen anhand einer qualitativen Feldstudie in einem Softwareunternehmen. Sie analysiert insbesondere die Nutzung von PowerPoint und identifiziert drei Paradoxien: Freiheit und Gefangenschaft, Klarheit und Mehrdeutigkeit sowie Knappheit und Überfluss. Durch eine dialektische Synthese dieser Paradoxien wird eine Theorie zu den widersprüchlichen Effekten digitaler Artefakte entwickelt. Die Studie bietet theoretische Erkenntnisse zu Affordanzen und praktische Implikationen für den Umgang mit digitalen Innovationswerkzeugen. (Ciriello, Richter, und Schwabe 2019)
Veränderungsmanagement
Die Studie „Diffusion of Innovations in Service Organizations: Systematic Review and Recommendations“ von Trisha Greenhalgh et al. untersucht, wie Innovationen in der Gesundheitsdienstleistung verbreitet und nachhaltig implementiert werden können. Sie bietet eine systematische Literaturübersicht, die ein evidenzbasiertes Modell zur Verbreitung von Innovationen in Gesundheitsorganisationen entwickelt, Wissenslücken identifiziert und eine robuste Methodik für systematische Reviews vorschlägt. Die Studie unterscheidet zwischen passiver Diffusion, aktiver Dissemination, Implementierung und Nachhaltigkeit und betont die Bedeutung von Innovationsattributen, sozialen Netzwerken, organisationalem Kontext und der Interaktion zwischen Innovation, Adoptern und Umfeld. Empirische Erkenntnisse zeigen, dass relative Vorteile, Kompatibilität, geringe Komplexität, Erprobbarkeit und Beobachtbarkeit die Adoption fördern, während organisatorische Faktoren wie absorptive Kapazität und empfänglicher Kontext entscheidend für die Assimilation sind. Die Autoren fordern theoriegeleitete, prozessorientierte und multidisziplinäre Forschung, um die komplexen Dynamiken der Innovationsverbreitung besser zu verstehen. (Greenhalgh u. a. 2004)
Die Studie „Patient care information systems and health care work: a sociotechnical approach“ von Marc Berg, veröffentlicht im International Journal of Medical Informatics (1999), untersucht die Entwicklung und Bewertung von Patienteninformationssystemen (PCIS) aus einer soziotechnischen Perspektive. Sie betont die Bedeutung organisatorischer Aspekte und stellt fest, dass die erfolgreiche Implementierung solcher Systeme ein politisch geprägter Prozess der organisatorischen Veränderung ist, bei dem die Nutzer im Mittelpunkt stehen müssen. Ein iterativer Ansatz wird gefordert, der die Grenzen zwischen Analyse, Design, Implementierung und Evaluation verwischt. Die Studie kritisiert Ansätze, die die „unordentliche“ Natur der Gesundheitsarbeit durch standardisierte IT-Systeme strukturieren wollen, und argumentiert, dass eine optimale Nutzung von IT-Systemen eine enge Verknüpfung mit der qualifizierten und pragmatischen Arbeit von Gesundheitsfachkräften erfordert. (Berg 1999)
Der Artikel „IT in Health Care: Sociotechnical Approaches ‘To Err is System’“ von Jos Aarts und Paul Gorman analysiert die Wechselwirkungen zwischen Informationstechnologien und sozialen sowie organisatorischen Kontexten im Gesundheitswesen. Er beleuchtet die Ergebnisse der Konferenz ITHC2004 in Portland, die sich auf systemische Ansätze und die Entstehung von Sicherheit als Eigenschaft komplexer Systeme konzentrierte. Der Fokus liegt auf der Erkenntnis, dass Fehler im Gesundheitswesen durch komplexe Interaktionen von Menschen, Technologien und Prozessen entstehen, wobei Informationstechnologien sowohl Lösungen als auch Probleme darstellen können. Der Artikel unterstreicht die Notwendigkeit, soziotechnische Ansätze zu nutzen, um diese Interaktionen zu verstehen und Fehler zu minimieren. (Aarts und Gorman 2007)
Das Systems Engineering Initiative for Patient Safety (SEIPS)-Rahmenwerk ist ein Modell zur Analyse und Verbesserung komplexer sozio-technischer Systeme im Gesundheitswesen. SEIPS erklärt, wie Elemente eines Arbeitssystems – darunter externe Umwelt, Organisation, interne Umwelt, Werkzeuge und Technologien, Aufgaben sowie Personen – die Arbeitsprozesse beeinflussen und so die Ergebnisse bestimmen. Der Ansatz berücksichtigt, dass Arbeitssysteme und Prozesse dynamisch aufeinander einwirken, und wird unter anderem eingesetzt, um aus Patientensicherheitsvorfällen zu lernen, systemische Ursachen zu identifizieren und nachhaltige Verbesserungen zu gestalten. (England 2022)
Offene Innovation wird in der Primärversorgung genutzt, unterscheidet sich jedoch in ihrer Struktur von anderen Bereichen wie Arzneimittelforschung. Sie zeigt sich in Mitarbeiter-getriebener Innovation, kollaborativen Forschungsallianzen und organisatorischen Neuerungen, die Mitarbeitende, Patienten und externe Partner einbeziehen. (Samuelson u. a. 2024; Avby, Kjellström, und Andersson Bäck 2019) Multi-professionelle Gesundheitszentren fördern Innovationen durch Einbindung von Endnutzern und Spezialisten, (Vandeventer u. a. 2024) während kollaborative Rahmenwerke, z. B. mit akademischen Partnern, Ungleichheiten und digitale Transformation angehen. (Kern u. a. 2023; Rushlow, Thacher, und Barry 2024) Nationale Initiativen wie der deutsche Innovationsfonds unterstützen innovative Versorgungsmodelle. (Wangler und Jansky 2022) Offene Innovation ist in der Primärversorgung weniger formalisiert, aber essenziell für die Weiterentwicklung der Versorgung.
Beratung
Beratungsunternehmen unterstützen bei der digitalen Transformation. Der Beratungsprozess beginnt mit einer Analyse der Bedürfnisse der Arztpraxis, gefolgt von einer individuellen Beratung und dem Vorschlag maßgeschneiderter digitaler Lösungen. Nach der Planung und Umsetzung, einschließlich Installation und Schulung, bieten die Anbieter fortlaufenden Support, um eine effiziente Nutzung sicherzustellen, während Datenschutz stets gewährleistet wird.
Name | URL |
---|---|
Docport | docport.de |
Eterno Health | eterno.health |
Arztkonsultation | arztkonsultation.de |
Lux Digitale Praxis | lux-digitalepraxis.de |
Digital Medizin | digital-medizin.com |
Medizinio | medizinio.de |
GoMedicus | gomedicus.com |
Praxis Digital | praxisdigital.info |
„Praxis-as-a-Service“ (PaaS) ist ein innovatives Konzept, bei dem Arztpraxen als vollständig digitalisierte und outsourced gemanagte Einheiten betrieben werden, wobei Dienstleister die gesamte technische Infrastruktur, wie Telematikinfrastruktur und Softwarelösungen, bereitstellen und warten, um den Praxisbetrieb zu optimieren. „Innovation-as-a-Service“ (IaaS) hingegen fokussiert sich darauf, Gesundheitseinrichtungen Zugang zu maßgeschneiderten, extern entwickelten Innovationslösungen zu bieten, etwa durch KI-gestützte Diagnostik oder digitale Therapieplattformen, ohne dass diese selbst entwickelt werden müssen. Beide Ansätze zielen darauf ab, die Effizienz zu steigern und den Fokus auf die Patientenversorgung zu legen, indem sie komplexe technologische Herausforderungen an spezialisierte Anbieter delegieren.
Digitale Transformation
Die Studie „A structured taxonomy for effective digital transformation project implementation: Development, validation, and practical insights“ entwickelt und validiert eine Taxonomie, die Organisationen bei der Gestaltung ihrer Implementierungsstrategien für digitale Transformationsprojekte unterstützt. Durch eine Kombination aus einer Scoping-Literaturübersicht, einer geschlossenen Kartensortiertechnik mit Expertenfeedback aus Deutschland und einer Fallstudienanalyse wurde die Taxonomie in drei Iterationen erstellt. Sie bietet eine strukturierte Zusammenstellung von Implementierungsstrategien mit standardisierter Terminologie, die Entscheidungsfindung und Lernen aus früheren Projekten erleichtert. Praktische Fallbeispiele innerhalb der Taxonomie geben Organisationen konkrete Anleitungen zur Anwendung bei der Durchführung digitaler Transformationsprojekte. (Tarannum, Joseph Ngereja, und Hussein 2025)
Die Studie „A Taxonomy on Influencing Factors Towards Digital Transformation in SMEs“ von Luca Dörr, Kerstin Fliege, Claudia Lehmann, Dominik K. Kanbach und Sascha Kraus untersucht die Einflussfaktoren der digitalen Transformation in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Durch eine systematische Literaturrecherche von 75 Artikeln zwischen 2012 und 2022 wurden 354 Faktoren identifiziert und mithilfe der Gioia-Methode in eine Taxonomie mit drei Hauptkategorien und 17 Unterkategorien geordnet. Basierend auf der Attention-Based View (ABV) bietet die Taxonomie eine umfassende und praxisnahe Übersicht, die sowohl Forschenden als auch Praktikern hilft, die spezifischen Herausforderungen und Möglichkeiten der digitalen Transformation in KMU zu verstehen und strategische Entscheidungen zu treffen. (Dörr u. a. 2023)
Die Studie „Digital transformation in SMEs: A taxonomy of externally supported digital innovation projects“ entwickelt eine Taxonomie für digital unterstützte Innovationsprojekte in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Sie kombiniert konzeptionelle und empirische Ansätze, basierend auf einer strukturierten Literaturrecherche und der Analyse von 210 Projektberichten deutscher KMU. Die Taxonomie umfasst 10 Dimensionen und 30 Merkmale, aus denen fünf Projektarten durch Clusteranalyse abgeleitet wurden. Sie dient als Werkzeug zur Unterstützung der Initiierung digitaler Innovationsprojekte in Zusammenarbeit mit externen digitalen Innovationszentren und bietet eine standardisierte Terminologie sowie strategische Einsichten für die digitale Transformation von KMU. (Hermann u. a. 2024)
Das “Digital transformation handbook for primary health care: optimizing person-centred point of service systems” der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist eine praktische Anleitung, die Länder dabei unterstützt, ihre papierbasierten und disaggregierten digitalen Systeme im Bereich der primären Gesundheitsversorgung (PHC) in umfassende, interoperable digitale Lösungen zu transformieren. Es bietet schrittweise Anleitungen zur Optimierung von Person-Centred Point of Service Systems (PCPOSS), einschliesslich der Erfassung von Benutzeranforderungen, der Abbildung von Arbeitsabläufen und Daten sowie der Implementierung von Entscheidungslogik zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung. Das Handbuch betont auch die Integration der SMART Guidelines der WHO, um die Genauigkeit und Konsistenz der Empfehlungen in digitalen Systemen zu gewährleisten. (Organization u. a. 2024)
Digitale Transformation anderer Lebensbereiche
Der Digitalcheck Mittelstand der Initiative Mittelstand-Digital, entwickelt vom Hasso-Plattner-Institut in Zusammenarbeit mit BVMW und ifii, ermöglicht kleinen und mittelständischen Unternehmen eine systematische Bewertung ihres Digitalisierungsstands. Der Check analysiert sieben Dimensionen – Strategie, Kundschaft, Produkte & Dienstleistungen, Prozesse, Organisation, IT-Infrastruktur & Technologie sowie Umwelt – und liefert einen umfassenden Ergebnisbericht mit individuellen Handlungsempfehlungen. Unternehmen können ihren Fortschritt durch wiederholte Checks verfolgen, Benchmarks nutzen und an Vertiefungsworkshops teilnehmen, um Maßnahmen zur digitalen Transformation gezielt umzusetzen. Für optimale Nutzung wird ein moderner Browser (Chrome, Safari, Edge) und etwa 45–60 Minuten Zeit empfohlen.
Die Studie „Organisational Digital Transformation of SMEs—Development and Application of a Digital Transformation Maturity Model for Business Model Transformation“ entwickelt ein Reifegradmodell für die digitale Transformation von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Basierend auf einer umfassenden Literaturrecherche, qualitativer Datenanalyse und empirischen Ergebnissen berücksichtigt das Modell spezifische Merkmale und Herausforderungen von KMU, insbesondere im deutschen Mittelstand. Es wurde mit 310 Organisationen, hauptsächlich KMU, getestet und als „Digitalcheck Mittelstand“ online veröffentlicht, um Unternehmen eine systematische Bewertung ihres Digitalisierungsstands zu ermöglichen. Das Modell umfasst sieben Dimensionen und 19 Subdimensionen, die strategische, organisatorische und technologische Aspekte abdecken, und bietet konkrete Handlungsempfehlungen zur Förderung der digitalen Transformation. Die Ergebnisse zeigen, dass KMU oft bei der Nutzung von Kundendaten und der Digitalisierung von Produkten und Prozessen noch Potenzial haben, während eine offene Unternehmenskultur und Führungskräfte als Treiber des Wandels entscheidend sind. (Petzolt u. a. 2022)
Die Studie „A Taxonomy of Digital Intensive Sectors“ von Flavio Calvino, Chiara Criscuolo, Luca Marcolin und Mariagrazia Squicciarini entwickelt eine Klassifizierung von Wirtschaftssektoren basierend auf ihrem Digitalisierungsgrad. Sie analysiert 36 ISIC-Revision-4-Sektoren im Zeitraum 2001–2015 anhand von Indikatoren wie Investitionen in IKT (Informations- und Kommunikationstechnologie), Einkauf von IKT-Zwischenprodukten, Roboterbestand pro Mitarbeiter, Anteil von IKT-Spezialisten und Umsatzanteil aus Online-Verkäufen. Sektoren wie Telekommunikation und IT-Dienstleistungen zeigen durchweg hohe Digitalintensität, während Landwirtschaft, Bergbau und Immobilien konstant niedrige Werte aufweisen. Die Studie schlägt einen „globalen“ Indikator vor, der die verschiedenen Dimensionen der Digitalisierung zusammenfasst, und bietet ein Instrument für Politikgestaltung und Analyse, trotz Herausforderungen wie Datenverfügbarkeit und sektoraler Heterogenität. (Calvino u. a. 2018)
Praxisgründung Simulator
Praxisraum ist ein innovatives Planspiel, das angehende Ärztinnen und Ärzte spielerisch auf den Aufbau und die Organisation einer Vertragsarztpraxis vorbereitet. Unter www.praxisraum.de können Nutzer ein Serious Game erleben, das durch Gamification-Elemente wie Avatar-Auswahl, praxisnahe Entscheidungen und Herausforderungen motiviert. Ziel ist es, Wissenslücken zu schließen und Berührungsängste abzubauen, indem realitätsnahe Daten in eine interaktive, motivierende Spielumgebung eingebettet werden.
Institutionalisierung
In Deutschland haben sich mehrere Institute gebildet, die sich der digitalen Medizin widmen:
- Institut für Digitale Medizin (IDM) der Universität Bonn
- IDM am Universitätsklinikum Augsburg
- IDM am Philipps-Universität Marburg
- Fraunhofer MEVIS in Bremen
- University Center for Digital Healthcare (UCDHC) in Frankfurt am Main
- Institut für Digitale Medizin an der Goethe-Universität Frankfurt
- Innovationszentrum Digitale Medizin am Uniklinikum Aachen
- Institut für Digitalisierung in der Medizin am Uniklinikum Freiburg
Das Kompetenzzentrum für Telemedizin und E-Health Hessen (KTE Hessen) fördert die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen durch individuelle und praxisorientierte Unterstützung. Es bietet Dienstleistungen wie fachliche Beratung, Fortbildungen, Netzwerkveranstaltungen und Begleitung von Forschungsprojekten an. Zudem stellt es regelmäßig aktualisierte Informationen über Digi-Infos bereit und unterstützt bei Themen wie Datenschutz und Datensicherheit. Über Newsletter und Social-Media-Kanäle wie X/Twitter informiert das Zentrum über aktuelle Entwicklungen und Veranstaltungen, darunter der E-Health-Salon 2025.
TI – Pop-Up Store Würzburg erläutert die Telematikinfrastruktur (TI) praxisnah. Im Pop-Up Store können Besucher:innen digitale Gesundheitsanwendungen wie die elektronische Patientenakte (ePA) oder den TI-Messenger interaktiv erleben. Es gibt Beratung, Veranstaltungen für Fachleute und Bürger:innen sowie Vor-Ort-Hilfe zur TI.
Studienangebote im Bereich Digital Health und Medizininformatik in Deutschland:
- Hochschule Stralsund - Digital Health Technology
- HPI - Digital Health M.Sc.
- IB Hochschule - Bachelor Digital Health
- IB Hochschule - Master Digital Health
- HNU - Digital Healthcare Management M.A.
- Uni Potsdam - Digital Health
- TH Nürnberg - Digital Health Analytics M.Sc.
- Medical School Hamburg - Digital Health Management
- TH Brandenburg - Medizininformatik Bachelor
- FH Dortmund - Medizinische Informatik
- Uni Augsburg - Medizininformatik Bachelor
- BHT Berlin - Medizininformatik
- HS Mannheim - Medizininformatik
- HS Heilbronn - Medizinische Informatik
- Uni Heidelberg - Medizinische Informatik Bachelor
- Uni Lübeck - Medizinische Informatik
- Uni Leipzig - Medizinische Informatik
- HS Kempten - Medizininformatik B.Sc.
- HS Niederrhein - Medizinische Informatik Bachelor
- Apollon Hochschule - Digitalisierungslotse
Versorgungsmodelle
Die Arbeit „Digital requirements for new primary care models“ untersucht die Veränderungen in der Primärversorgung aufgrund demografischer Entwicklungen, komplexer Patientenbedürfnisse und politisch-finanzieller Zwänge. Sie beleuchtet aufkommende Trends wie Integration, proaktive Versorgung und verbesserten Zugang zu Gesundheitsdiensten, die durch Technologien wie gemeinsame elektronische Patientenakten, Telemedizin und Patientenportale unterstützt werden. Sechs Fallstudien zeigen, wie innovative Organisationen diese Technologien nutzen, um neue Arbeitsweisen zu etablieren. Die Arbeit diskutiert zudem lokale und nationale Hindernisse, wie fehlende Interoperabilität und Finanzierungsprobleme, und schlägt priorisierte Technologien wie elektronische Gesundheitsakten und Telemedizin vor, um diese Herausforderungen zu überwinden. (Castle-Clarke u. a. 2016)
Die Drogeriekette dm baut seit 2025 ihr Angebot im Bereich Gesundheitsvorsorge aus und bietet neben Eigenmarken-Selbsttests auch KI-gestützte Haut-, Augen- und Blutchecks an. Während dm den Nutzen für Prävention und Eigenverantwortung der Kunden betont, kritisieren Ärzteverbände das Vorgehen als medizinisch unsicher, nicht standardisiert und potenziell belastend für das Gesundheitssystem. Befürworter dagegen sehen die Initiativen als Chance, mehr Wettbewerb in die Gesundheitsversorgung zu bringen und bestehende Strukturen zu öffnen. (Dölger 2025; Enninga 2025; Dierig, Ettel, und Chojnacka 2025)
Medizinische Zukunftsforschung
Die Studie „Exploring the Need for Medical Futures Studies: Insights From a Scoping Review of Health Care Foresight“ untersucht, wie Methoden der Zukunftsforschung bisher im Gesundheitswesen eingesetzt werden. Die Autoren zeigen anhand einer systematischen Übersichtsarbeit, dass bisher nur wenige der verfügbaren Foresight-Methoden genutzt werden und es an strukturierten Vorgehensweisen für deren Anwendung in der Medizin fehlt. Die Studie betont die Notwendigkeit, „Medical Futures Studies“ als eigenständiges wissenschaftliches Teilgebiet zu etablieren, um innovative, interdisziplinäre und partizipative Zukunftsplanung im Gesundheitswesen zu fördern. Abschließend empfehlen die Autoren u.a. die Gründung einer spezialisierten Fachzeitschrift, die Integration von Zukunftsmethoden in medizinische Curricula sowie die Einbindung von erfahrenen Futuristen in strategische Entscheidungsprozesse. (Meskó u. a. 2024)
Organisatorische Vision (OV)
Die Studie „How Do Doctors Perceive the Organizing Vision for Electronic Medical Records? Preliminary Findings from a Study of EMR Adoption in Independent Physician Practices“ untersucht, wie Ärzte in unabhängigen Praxen die organisatorische Vision (OV) für elektronische Patientenakten (EMR) wahrnehmen. Durch eine Umfrage unter diesen Praxen wird die Rolle dieser Vision bei der Akzeptanz und Nutzung von EMR-Technologien erforscht. Mittels Faktorenanalyse werden die strukturellen Eigenschaften und Inhalte der OV analysiert. Die Studie trägt zur Forschung bei, indem sie die Anwendbarkeit des OV-Konzepts auf Innovationen im Gesundheitswesen untersucht. (Reardon und Davidson 2007)
Zwillingstransformation (Twin Transformation)
Die Studie „Digital Health: Eine grüne Zukunft für das Gesundheitswesen?“ untersucht, wie digitale Innovationen wie Telemedizin, digitale Diagnostik und künstliche Intelligenz dazu beitragen können, das Gesundheitswesen nachhaltiger und effizienter zu gestalten. Dabei werden sowohl die Herausforderungen durch den hohen Energieverbrauch dieser Technologien als auch die Chancen einer gleichzeitigen digitalen und nachhaltigen Transformation – der sogenannten „twin transformation“ – thematisiert. Anhand von Beispielen aus der Urologie zeigt die Studie, wie digitale Gesundheitslösungen personalisierte Medizin fördern und gleichzeitig ökologische Ziele unterstützen können. Die Autoren betonen, dass technologische, organisatorische und gesellschaftliche Veränderungen notwendig sind, um ein klimafreundliches und zukunftsfähiges Gesundheitssystem zu etablieren. (Adler u. a. 2025)
Die Studie mit dem Titel „The Urgency of Environmentally Sustainable and Socially Just Deployment of Artificial Intelligence in Health Care“ thematisiert die dringende Notwendigkeit, Künstliche Intelligenz im Gesundheitswesen umweltfreundlich und sozial gerecht einzusetzen. Sie zeigt auf, dass der Einsatz von generativer KI den ökologischen Fußabdruck des Gesundheitssektors erheblich erhöht, insbesondere durch hohen Energie-, Wasserverbrauch und Elektroschrott. Die Autor:innen betonen, dass nachhaltige Praktiken und regulatorische Maßnahmen nötig sind, um Umweltbelastungen zu reduzieren und soziale Ungerechtigkeiten im Zugang und der Nutzung von KI-Technologien zu vermeiden. Dabei wird ein ausgewogener Einsatz von KI gefordert, der klinischen Nutzen mit Umwelt- und Gerechtigkeitsaspekten verbindet. (Osmanlliu u. a. 2025)
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