Gesetzgebung
Übersicht über zentrale Gesetzesvorhaben im Gesundheitswesen
In Deutschland gibt es zahlreiche gesetzliche Regelungen, die die Gesundheitsversorgung und Nutzung digitaler Gesundheitsdienste betreffen:
§ 11 Abs. 1 S. 1 Apothekengesetz (ApoG): Link zum Gesetz
Regelt, dass Erlaubnisinhaber und das Personal von Apotheken keine Rechtsgeschäfte oder Absprachen tätigen dürfen, die die bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel zum Ziel haben, es sei denn, es gibt gesetzliche Ausnahmen.§ 310 SGB V: Link zum Gesetz
Bezieht sich auf die Aufgaben der Gesellschaft für Telematik, die für die Entwicklung und den Betrieb der Telematikinfrastruktur verantwortlich ist, um den sicheren Austausch von Gesundheitsdaten zu gewährleisten.§ 360 SGB V: Link zum Gesetz
Legt fest, dass vertragsärztliche elektronische Verordnungen über die Telematikinfrastruktur übermittelt und verarbeitet werden müssen, sobald die notwendigen Dienste und Komponenten flächendeckend verfügbar sind.§ 291 SGB V: Link zum Gesetz
Verpflichtet die Krankenkassen dazu, für jeden Versicherten eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) auszustellen, die als Schlüssel für den Zugang zu digitalen Gesundheitsdiensten dient.§ 341 und § 342 SGB V: Link zu § 341 SGB V und Link zu § 342 SGB V
Stellen sicher, dass die elektronische Patientenakte (ePA) den Versicherten zur Verfügung steht und deren Nutzung freiwillig ist, mit dem Ziel, Gesundheitsinformationen einrichtungs- und sektorenübergreifend zu nutzen.§ 365 Absatz 1 SGB V: Link zum Gesetz
Beschreibt die Vereinbarung über technische Verfahren zur Videosprechstunde, die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen im Benehmen mit der Gesellschaft für Telematik getroffen wird. Diese Regelungen sind auch in der Anlage 31b zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) festgelegt.§ 390 SGB V: Link zum Gesetz
Behandelt die IT-Sicherheit in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung, um die Integrität und Vertraulichkeit der Daten zu schützen.§ 75B SGB V: Link zum Gesetz
Regelt die Übermittlung von Patientendaten, insbesondere in Bezug auf die elektronische Verarbeitung und Übermittlung von Gesundheitsdaten.§ 332b SGB V: Link zum Gesetz
Definiert Rahmenvereinbarungen, die Anforderungen an Praxisverwaltungssysteme (PVS) setzen, um eine sichere und effiziente Verwaltung von Patienteninformationen zu gewährleisten.
Diese gesetzlichen Bestimmungen bilden die Grundlage für die Digitalisierung und den sicheren Datenfluss in der Gesundheitsversorgung.
- Bundesministerium für Gesundheit - E-Health-Gesetz
- Bundesregierung - DigiG
- Bundesministerium für Gesundheit - TSVG
- Bundesministerium für Gesundheit - GDNG
- Bundesministerium für Gesundheit - GSAV
- Bundesministerium für Gesundheit - DVG
- Bundesministerium für Gesundheit - PDSG
- Bundesministerium für Gesundheit - DVPMG
Nationale eHealth Strategie
Der Artikel „National eHealth strategies: a comparative study of nine OECD health systems“, veröffentlicht in BMC Health Services Research, untersucht die eHealth-Strategien von neun Gesundheitssystemen (Australien, Dänemark, Estland, Finnland, Norwegen, Schweden, UK/NHS England, Katalonien/Spanien und USA/Veterans Affairs). Die Autoren führen eine qualitative Vergleichsanalyse durch, basierend auf öffentlich zugänglichen Strategiedokumenten, und fokussieren drei Dimensionen: Vision und Ziele, Umsetzungsmethoden sowie Nachverfolgungsstrukturen. Ziel ist es, die Effizienz und Ergebnisse von Gesundheitssystemen durch effektive eHealth-Strategien zu verbessern. Die Studie zeigt, dass die meisten Systeme klare Visionen und Ziele formulieren, und betont die Bedeutung einer strukturierten Implementierung und Nachverfolgung für den Erfolg digitaler Gesundheitsinitiativen. (Palm u. a. 2025)
Land/System | Vision und Ziele | Umsetzungsmethoden | Nachverfolgungsstrukturen |
---|---|---|---|
Australien | Förderung eines vernetzten, patientenzentrierten Gesundheitswesens durch digitale Tools. | Nationale digitale Gesundheitsstrategie mit Fokus auf Interoperabilität und Datenaustausch. | Regelmäßige Evaluierung durch die Australian Digital Health Agency. |
Dänemark | Verbesserung der Versorgungsqualität und Effizienz durch einheitliche digitale Lösungen. | Zentralisierte Infrastruktur (z. B. Sundhed.dk) und verpflichtende Nutzung durch Gesundheitsdienste. | Kontinuierliche Überwachung durch die Danish Health Data Authority. |
Estland | Schaffung eines vollständig digitalisierten Gesundheitswesens mit Fokus auf Datenzugang. | E-Health-System mit elektronischen Patientenakten und Blockchain-Technologie für Sicherheit. | Staatliches Monitoring durch das Estonian e-Health Foundation-Team. |
Finnland | Stärkung der Bürgerbeteiligung und Effizienz durch digitale Selbstverwaltungstools. | Kanta-System für zentrale Datenspeicherung und schrittweise Einführung von e-Services. | Evaluierung durch das Gesundheitsministerium und das Nationale Institut für Gesundheit. |
Norwegen | Integration und Koordination der Versorgung durch standardisierte digitale Plattformen. | Nationale eHealth-Strategie mit Fokus auf elektronische Patientenakten und Telemedizin. | Überwachung durch die Direktion für eHealth (Norge.no). |
Schweden | Förderung eines zugänglichen und sicheren Gesundheitswesens durch digitale Innovation. | Vision e-hälsa 2025 mit regionaler Umsetzung und starker Betonung auf Datenschutz. | Koordinierte Nachverfolgung durch die eHealth Agency und regionale Gesundheitsbehörden. |
UK (NHS England) | Modernisierung des NHS durch digitale Transformation und verbesserte Patientenerfahrung. | NHS Long Term Plan mit Investitionen in KI, Apps und digitale Infrastruktur (z. B. NHS App). | Evaluierung durch NHS Digital und das Department of Health and Social Care. |
Katalonien (Spanien) | Personalisierte und nachhaltige Versorgung durch digitale Integration regionaler Dienste. | TIC Salut Social-Strategie mit Fokus auf Interoperabilität und Telemedizin in der Primärversorgung. | Regionale Überwachung durch das katalanische Gesundheitsministerium. |
USA (Veterans Affairs) | Optimierung der Versorgung für Veteranen durch digitale Tools und Datenzugänglichkeit. | VA’s Electronic Health Record Modernization (EHRM) mit Fokus auf eine einheitliche EHR-Plattform. | Zentralisierte Kontrolle durch das VA Office of Information and Technology. |
Die Studie „A Framework for Digital Health Policy: Insights from Virtual Primary Care Systems Across Five Nations“ untersucht die Implementierung virtueller primärmedizinischer Versorgung in Kanada, Finnland, Deutschland, Schweden und dem Vereinigten Königreich (England). Sie entwickelt ein neues konzeptionelles Rahmenwerk, das die disruptiven Effekte digitaler Transformationen im Gesundheitswesen berücksichtigt, da das bestehende WHO-Modell dies nicht ausreichend abdeckt. Durch eine narrative Literaturübersicht wurden sieben zentrale Themen identifiziert: politische Ziele, Regulierung und Governance, Finanzierung und Kostenerstattung, Bereitstellung und Integration, Schulung und Unterstützung der Belegschaft, IT-Systeme und Datenaustausch sowie die Einbindung von Patienten. Das resultierende Rahmenwerk bietet Leitprinzipien zur Bewertung und Optimierung virtueller primärmedizinischer Systeme und betont die Notwendigkeit, Herausforderungen wie Zugangsungleichheiten und Datenschutz zu adressieren. (Srivastava u. a. 2023)
Bewertungsausschuss
Der „Bericht des Bewertungsausschusses und des ergänzenden Bewertungsausschusses zur telemedizinischen Leistungserbringung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für das Berichtsjahr 2022“ zeigt, dass sich die telemedizinische Versorgung nach dem pandemiebedingten Sprung unterschiedlich entwickelt hat. Die Videosprechstunde nahm im Vergleich zu 2021 um 24 % ab, was auf das Ende der Corona-Sonderregelungen zurückzuführen ist. In anderen Bereichen wie Telemonitoring bei Herzinsuffizienz, elektronischem Arztbrief (eArztbrief), digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) und elektronischer Patientenakte (ePA) stiegen die Fallzahlen teils deutlich an. Besonders dynamisch war die Zunahme bei eArztbriefen mit einer Steigerung der Versandpauschalen um 600 %. Im sektorenübergreifenden Bereich wurden Telekonsilien etwa 35.600-mal eingeleitet. Insgesamt zeigen sich Rückgänge v. a. bei Leistungen, die von Sonderregelungen profitiert hatten, während strukturierte telemedizinische Angebote im Aufwind sind.
Forschung
In der Arbeit “Untersuchung der hemmenden Faktoren bei der Umsetzung von Digitalisierungsprojekten im deutschen Gesundheitswesen mit Blick auf die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung” untersucht M. Schmidt, warum die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens im Vergleich zu anderen Branchen und Gesundheitssystemen im Rückstand ist. Sie identifiziert Ursachen für diesen Rückstand und entwickelt Handlungsempfehlungen, um künftige Digitalisierungsprojekte effizienter zu gestalten. Dies geschieht auf Basis einer unstrukturierten Literaturrecherche und Experteninterviews, die den Projektverlauf der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) evaluierten. Die Ergebnisse zeigen unter anderem einen Mangel an einer übergeordneten Institution und einer konsistenten Strategie sowie die Notwendigkeit, den Austausch zwischen den Akteuren zu verbessern, IT-Systeme zu modernisieren und Innovationen durch ein Digitalisierungsbudget zu fördern. (Schmidt 2022)
Kostensenkung durch Digitalisierung
Die Studie „Cost Minimization Analysis of Digital-first Healthcare Pathways in Primary Care“ führte eine retrospektive, registerbasierte Analyse im finnischen Harjun Terveys durch, um die Kosten der digitalen mit der traditionellen Primärversorgung bei akuten Erkrankungen zu vergleichen. 64.969 akute Episoden wurden analysiert und einem Propensity-Score-Matching unterzogen. Die Studie ergab, dass digitale Behandlungspfade die durchschnittlichen Episodenkosten im Vergleich zur traditionellen Versorgung um 22,7 % (170,74 € vs. 220,91 €, P<0,001) senkten. Die Kosteneinsparungen reichten von 10,3 % bei Atemwegsinfektionen bis zu 52,5 % bei Gastroenteritis, was auf geringere Behandlungskosten, weniger Laboruntersuchungen und weniger bildgebende Verfahren zurückzuführen ist. Die digitale Versorgung erforderte im Allgemeinen weniger Folgebesuche, mit Ausnahme von Atemwegsinfektionen, bei denen ein leichter Anstieg zu verzeichnen war. Sensitivitätsanalysen bestätigten die Robustheit dieser Ergebnisse und unterstützen Digital-First-Modelle als kosteneffizienten Ansatz für die Behandlung akuter Erkrankungen in der Primärversorgung, ohne die Versorgungskontinuität zu beeinträchtigen. (Dahlberg u. a. 2025)
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