Entwurf

Praxisverwaltungssoftware

Geschichte

Die Entwicklung der Praxisverwaltungssysteme (PVS) begann in den 1980er Jahren, als Ärzte erkannten, dass sie effizientere Wege zur Verwaltung ihrer Praxen benötigten. Anfangs entwickelten Ärzte wie Dr. Wiegand von APW-Wiegand maßgeschneiderte Software, da die damals verfügbaren Programme oft zu den spezifischen Anforderungen der Praxisalltags nicht passten oder zu kostspielig waren. Diese frühen Systeme konzentrierten sich auf grundlegende Verwaltungsaufgaben wie Patientenverwaltung und Rechnungsstellung, mit dem Ziel, Bürokratie zu reduzieren und auf das Streben nach einer papierlosen Praxis hinzuwirken. Mit der Zeit und dem Aufkommen des Shareware-Prinzips wuchs die Verbreitung dieser Software, was zur Gründung kleiner Unternehmen und der Einführung von Support-Services führte. Die Weiterentwicklung von PVS wurde stark durch den Input und die Wünsche der Anwender beeinflusst, was zu benutzerfreundlicherer und praxisorientierter Software wie tomedo® führte. Mit der Digitalisierung und der Einführung der Telematikinfrastruktur (TI) in Deutschland wurde die Integration von elektronischen Rezepten, Krankenscheinen und Patientenakten zwingend notwendig. Heutzutage bieten PVS nicht nur administrative Unterstützung, sondern auch Telemedizin-Funktionen und Integrationen mit digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA). Der Markt hat sich von lokalen Desktop-Lösungen zu cloudbasierten, webbasierten Systemen entwickelt, die Flexibilität und Sicherheit bieten, wie es RED medical mit ihrer web-basierten Software zeigt. Die Betonung liegt heute auf Benutzerfreundlichkeit, Integration in den digitalen Gesundheitsraum und die Unterstützung von Ärzten bei der Patientenversorgung.

Nutzen Digitaler Patientenakten

In einer Studie wurden die Auswirkungen der Einführung eines ambulanten elektronischen Gesundheitsakten-Systems (EHR) auf die Produktivität von Ärzten in einer großen akademischen multi-spezialisierten Arztgruppe untersucht. Dabei wurden Daten von 203 Ärzten analysiert, wobei diejenigen, die das EHR übernommen hatten, eine signifikante Steigerung der monatlichen Patientenzahlen (+9 Besuche) und der abrechenbaren Arbeitseinheiten (wRVUs) (+12) zeigten, während die Nicht-Adopter keine signifikanten Veränderungen in diesen Bereichen aufwiesen. Beide Gruppen verzeichneten jedoch eine Erhöhung der monatlichen Abrechnungen (22 % bzw. 16 %). Die Produktivitätssteigerung der EHR-Nutzer trat insbesondere nach einer Eingewöhnungsphase von mindestens sechs Monaten auf. Die Ergebnisse legen nahe, dass die anfänglichen Bedenken hinsichtlich Produktivitätsverlusten durch EHR-Einführung möglicherweise unbegründet sind und dass die Unterschiede zwischen Adoptern und Nicht-Adoptern weiter untersucht werden sollten, um künftige Implementierungsstrategien zu optimieren. (Cheriff u. a. 2010)

Anhand von Daten aus dem Jahr 2018 wurden rund 100 Millionen Patientenkontakte mit 155.000 Ärzten analysiert, die das Cerner Millennium EHR nutzen, um zu beurteilen, wie viel Zeit ambulante Fachärzte und Hausärzte in den USA für elektronische Gesundheitsakten (EHR) aufwenden. Im Durchschnitt verbrachten Ärzte 16 Minuten und 14 Sekunden pro Patientenkontakt mit EHR-Funktionen, wobei Aktenprüfung (33 %), Dokumentation (24 %) und Anordnungen (17 %) den größten Anteil ausmachten. Die Zeitnutzung variierte stark innerhalb der Fachgebiete, während die prozentuale Verteilung der Aufgaben relativ konstant blieb. Die Ergebnisse verdeutlichen den erheblichen Zeitaufwand für EHR-Nutzung und weisen auf Optimierungspotenziale hin. (Overhage und McCallie Jr 2020)

System Usability Scale (SUS) und Net Promoter Score (NPS)

Der System Usability Scale (SUS) und der Net Promoter Score (NPS) sind beide bewährte Methoden zur Bewertung von Kundenerlebnissen, jedoch mit unterschiedlichen Fokussen. SUS ist speziell darauf ausgerichtet, die Benutzerfreundlichkeit eines Systems oder einer Anwendung zu messen. Es besteht aus 10 Fragen, die auf einer Likert-Skala beantwortet werden, und ergibt einen Gesamtwert zwischen 0 und 100, wobei höhere Werte eine bessere Benutzerfreundlichkeit anzeigen. Im Gegensatz dazu misst der NPS die Kundenzufriedenheit und -loyalität, indem er die Wahrscheinlichkeit erfragt, dass ein Kunde das Unternehmen oder den Service weiter empfehlen würde. NPS wird durch die Differenz zwischen dem Anteil der Promotoren (9-10 Punkte) und dem Anteil der Kritiker (0-6 Punkte) berechnet und bietet eine schnelle Einschätzung der Kundenbindung. Beide Methoden sind wertvolle Instrumente, um verschiedene Aspekte der Kundenerfahrung zu verstehen und zu verbessern, wobei SUS sich auf Usability und NPS auf die allgemeine Zufriedenheit und Empfehlungsbereitschaft konzentriert.

TI-Score

Der TI-Score berücksichtigt Kriterien wie die Nutzbarkeit, die Effizienz und die Zufriedenheit der Anwender und klassifiziert die Software entsprechend. Mit diesem Score soll Transparenz geschaffen und die Qualität der TI-Anwendungen, wie z.B. das E-Rezept oder die elektronische Patientenakte (ePA), für alle Beteiligten im Gesundheitswesen sichtbar gemacht werden. (gematik GmbH 2025)

Übersichtstabelle

Übersicht Praxisverwaltungssoftware
Produktname Unternehmen URL SUS NPS Wechselbereitschaft ePA E-Rezept eAU eArztbrief
0 CGM ALBIS CGM Deutschland AG cgm.com 48.5 -67.9 65.2 ? ? ? ?
1 Apris APRIS Gesellschaft für Praxiscomputer mbH apris.de 60.2 -14.3 47.6 B A B C
2 CGM M1 PRO CGM Deutschland AG cgm.com 42.8 -73.5 68.5 ? A ? ?
3 CGM MEDISTAR CGM Deutschland AG cgm.com 48.5 -71.2 65.5 nan A ? ?
4 DATA VITAL CGM Deutschland AG cgm.com 48 -65.6 69.2 ? A ? ?
5 DURIA Duria eG duria.de 74.1 53.3 11.1 ? ? ? ?
6 Data-AL Data-AL GmbH data-al.de 58.7 -34 47.7 ? D B C
7 EL - Elaphe Longissima Softland GmbH softland.de 74.3 9 26.3 ? ? ? ?
8 EVA abasoft EDV Programme GmbH abasoft.de 68.9 12.2 29.2 B A ? ?
9 Elefant HASOMED GmbH hasomed.de 60.8 -41.8 51.9 ? A ? ?
10 EPIKUR Epikur Software GmbH & Co. KG epikur.de 63.4 -33.6 49.7 A ? ? ?
11 FIDUS FIDUS Software Entwicklungs-GmbH fidus.de 67.1 11.8 6.5 ? ? ? ?
12 IFA-AUGENARZT ifa Systems AG ifasystems.de 59.3 -33.3 56.2 A A ? ?
13 IndiCation ET Software Developments GmbH indication.com 56.9 -25 36.8 ? ? ? ?
14 InterArzt InterData Praxiscomputer GmbH interdata.de 80.6 53.1 9.1 C ? ? ?
15 KiWi KIND GmbH & Co. KG 77.9 0 88.9 nan ? ? ?
16 MEDVISION MedVision AG medvision.de 48.5 -25 40 B ? ? ?
17 MEDYS MEDYS GmbH medys.de 73.7 26.3 27.8 C ? ? ?
18 MEDICAL OFFICE INDAMED EDV-Entwicklung und -Vertrieb GmbH indamed.de 70.9 24.5 18.5 B A A B
19 PROFIMED Pro Medisoft AG pro-medisoft.de 61.1 -34.1 36.8 B A A A
20 PegaMed PEGA Elektronik-Vertriebs GmbH pegamed.de 82.6 60.3 8.5 ? ? ? ?
21 PRAXIS-PROGRAMM MediSoftware medisoftware.de 80.4 63.7 12.7 A A A A
22 Pro_Medico Neutz GmbH Systemhaus neutz.net 67.6 23.7 23.5 ? ? ? ?
23 psychodat Ψ ergosoft GmbH ergosoft.info 74 22.3 21.3 A B C B
24 Q-MED Schwerdtner Medizin-Software GmbH q-med.de 44.6 -80 72.2 A ? A A
25 Quincy FREY ADV GmbH frey.de 59.7 -28.2 45.1 A A ? ?
26 RED medical RED Medical Systems GmbH redmedical.de 54.6 -39.3 53.6 B A A A
27 S3-Win S3 Praxiscomputer GmbH praxiscomputer.de 57.8 -29.3 44.8 ? A ? ?
28 Smarty New Media Company GmbH & Co. KG smarty-online.de 74.9 32.1 22.3 A B A A
29 T2med T2med GmbH & Co. KG t2med.de 82.1 64.9 5.5 B A A ?
30 CGM TURBOMED CGM Deutschland AG cgm.com 46.4 -82.1 72.1 nan B A B
31 medatixx medatixx GmbH & Co. KG medatixx.de 64.7 -4.8 28.5 ? ? ? ?
32 medavis RIS medavis GmbH medavis.de 55.1 -29.2 42.1 B nan C B
33 psyprax psyprax GmbH psyprax.de 64.9 -18.5 34.4 B A A A
34 tomedo® zollsoft GmbH zollsoft.de 83.5 76.5 4.6 A A A A
35 x.comfort medatixx GmbH & Co. KG medatixx.de 60.7 -40.5 47 ? ? ? ?
36 x.concept medatixx GmbH & Co. KG medatixx.de 56.2 -46.5 55 ? ? ? ?
37 x.isynet medatixx GmbH & Co. KG medatixx.de 59.3 -25.2 46.2 ? ? ? ?
38 Medi10 PHARMATECHNIK GmbH & Co. KG pharmatechnik.de nan nan nan B A C B
39 inSuite Doc Cirrus GmbH doc-cirrus.com nan nan nan C A C B
40 principa SIEGELE Software GmbH siegele-software.com nan nan nan B A A C
41 RadCentre Mesalvo Mannheim GmbH mesalvo.com nan nan nan B B A D
42 amasys Cerner Health Services Deutschland GmbH cerner.de nan nan nan nan nan ? ?
43 MEDICUSplus MEDNET Service für Ärzte AG mednet.de nan nan nan ? A A B
44 apraxos Dr. Claudia Neumann EDV-Beratung apraxos.de nan nan nan nan A C C
45 Arztpraxis Wiegand APW-Wiegand Medizinische Software Entwicklung und Vertrieb GmbH apw-wiegand.de nan nan nan C A ? ?
46 Praxis4More CoKom One GmbH cokom.de nan nan nan nan ? C B
47 MediSuite Paul Albrechts Verlag GmbH pav.de/praxissoftware/verordnungssoftware nan nan nan nan A nan nan
48 easyTI eHealth Experts GmbH ehex.de nan nan nan B nan nan nan
49 ACETOmed ACETO Softwareentwicklung GmbH aceto-online.com nan nan nan ? ? A ?
50 eRIS Digithurst Bildverarbeitungssysteme GmbH & Co. KG digithurst.de nan nan nan B nan ? ?
51 diosZX dios eine Marke der Spitta GmbH spitta.de nan nan nan B ? ? ?
52 RST-MED Win Dr. Rainer Steinbrecher Softwareentwicklung rst-med.de nan nan nan nan C ? ?
53 InterMediNet DBI Informatik UG dbi-informatik.de nan nan nan ? C ? ?
54 WinRadiolog medigration GmbH bendergruppe.com/medigration nan nan nan ? nan C ?
55 Med4Win PLUS Müritz COMP Greifswald Computersystemhaus GmbH mcomp.de nan nan nan C nan ? ?
56 ARZT2000 Schmidt Computersysteme arzt2000.de nan nan nan ? ? ? ?
57 LIS++ 4labs software GmbH nan nan nan ? nan ? ?
58 AOris AObit Software Ltd. aobit.de nan nan nan ? nan nan nan
59 latropro APM IT apm-it.de nan nan nan ? nan nan nan
60 arkandus arkandus GmbH arkandus.de nan nan nan ? ? ? ?
61 Med7 Bitron GmbH Technologiesysteme med7.de nan nan nan ? ? ? ?
62 dc-Pathos / dc-Ross dc-systeme Informatik GmbH dc-systeme.de nan nan nan ? nan ? ?
63 Doctorly Doctorly GmbH doctorly.de nan nan nan ? nan nan nan
64 i/med Billing Dorner GmbH & Co KG dorner.de nan nan nan ? nan nan nan
65 AiDKlinik Dosing GmbH dosing.de nan nan nan nan ? nan nan
66 PatiO Dr. Jürgen Krampert nan nan nan nan nan ? ?
67 MEDI_LINE Dr. Strzata strzata.de nan nan nan nan nan ? ?
68 medibit EXAMION GmbH examion.com nan nan nan ? nan ? ?
69 theHub Fresenius Medical Care Deutschland GmbH fresenius.de nan nan nan nan nan ? ?
70 Centricity RIS-i GE Healthcare IT gehealthcare.com nan nan nan ? nan nan nan
71 GMC PaDok Gesellschaft für medizinische Computersysteme mbH gmc-systems.de nan nan nan nan nan ? ?
72 esQlab.online gradient.Systemintegration GmbH gradient.de nan nan nan ? ? ? ?
73 ifap VoS ifap Service-Institut für Ärzte und Apotheker GmbH ifap.de nan nan nan nan ? nan nan
74 KVDT ifms GmbH ifms.de nan nan nan ? nan nan nan
75 CLASSY KHP - Informatik GmbH & Co KG khp-classy.de nan nan nan ? ? ? ?
76 David Medat Computer-Systeme GmbH medat.de nan nan nan ? nan nan nan
77 easymed medatixx GmbH & Co. KG medatixx.de nan nan nan ? ? ? ?
78 x.vianova medatixx GmbH & Co. KG medatixx.de nan nan nan ? ? ? ?
79 Ashvins xIS MedicalCommunications GmbH medicalcommunications.de nan nan nan ? nan ? ?
80 J-MED Medical Data Investigation (MDI) GmbH mdigmbh.de nan nan nan nan nan ? ?
81 MELOS MeCom Arzt&Labor melos GmbH melosgmbh.de nan nan nan ? nan nan nan
82 MEDOS NEXUS / CHILI GmbH nexus-chili.de nan nan nan nan nan ? ?
83 CARW PENTA Services GmbH & Co. KG pentaservices.de nan nan nan ? nan ? ?
84 GenLAB8 Projodis GmbH projodis.net nan nan nan nan nan ? ?
85 RescuePro RescuePro Production GmbH & Co. KG rescuepro.de nan nan nan ? nan nan nan
86 SAP Ambulatory Care Management SAP SE nan nan nan nan ? nan nan
87 PalliDoc StatConsult GmbH pallidoc.de nan nan nan ? nan nan nan
88 UNISOLO-POESY UNISOLO GmbH unisolode nan nan nan ? nan ? ?
89 PDV-FR Universitätsklinikum Freiburg uniklinik-freiburg.de nan nan nan ? nan nan nan
90 RAD+ RIS System uttenthaler mediaConsulting rad.plus nan nan nan nan nan ? ?
91 Eterno Cloud Eterno Cloud Eterno Cloud nan nan nan nan nan nan nan

Quellen: System Usability Scale (SUS Mittelwert) und Net Promoter Score (NPS Mittelwert) und Wechselbereitschaft (Müller, Nieporte, und Graf von Stillfried, o. J.), TI-Score (gematik GmbH 2025), (Kassenärztliche Bundesvereinigung 2025)

Patientenportal

Die Studie “Patients with complex chronic conditions: Health care use and clinical events associated with access to a patient portal” von Mary E. Reed und Kollegen untersucht den Einfluss eines Patientenportals auf die Gesundheitsversorgung von 165.447 Diabetikern, einschließlich solcher mit multiplen chronischen Erkrankungen, in einem integrierten Versorgungssystem (Kaiser Permanente Northern California, 2006–2007). Mittels marginaler Strukturmodelle und inverser Wahrscheinlichkeitsgewichtung zeigt die Studie, dass Portalzugang mit signifikant mehr ambulanten Besuchen sowohl bei Patienten mit nur Diabetes als auch bei solchen mit komplexen Erkrankungen verbunden ist (p<0,05). Bei Patienten mit multiplen chronischen Erkrankungen führte der Portalzugang zudem zu signifikant weniger Notfallbesuchen (3,9 weniger pro 1.000 Patienten pro Monat, p<0,05) und vermeidbaren Krankenhausaufenthalten (0,8 weniger pro 1.000 Patienten pro Monat, p<0,05), während bei Diabetikern ohne weitere Erkrankungen ähnliche Trends nicht statistisch signifikant waren. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Portale die ambulante Versorgung fördern und bei komplexen Patienten kritische Ereignisse reduzieren können, obwohl die Beobachtungsstudie keine Kausalität beweist und auf ein spezifisches System beschränkt ist. (Reed u. a. 2019)

OpenNotes – Einblicke in die Praxisdokumentation

Im Jahr 2009 führte die US-Regierung eine Gesetzgebung ein, die Gesundheitsdienstleister dazu anregte, Technologien zu adaptieren, die Patienten elektronischen Zugang zu ihren Gesundheitsdaten über sichere Patientenportale ermöglichen, um eine stärkere Patientenbeteiligung für bessere Gesundheitsergebnisse zu fördern. Die OpenNotes-Initiative von 2010, die zunächst auf hausärztliche Versorgung fokussiert war, beinhaltete das Teilen von Ärzte-Notizen mit Patienten und zeigte erhebliche Vorteile wie eine erhöhte Kontrolle der Patienten über ihre Gesundheitsversorgung, ein besseres Verständnis der medizinischen Pläne und eine bessere Vorbereitung auf Arztbesuche. Diese Praxis hat sich seitdem erweitert, und mittlerweile haben über 38 Millionen US-Patienten elektronischen Zugang zu ihren Notizen in verschiedenen Fachrichtungen. Eine umfassende Umfrage in drei Gesundheitssystemen zeigte, dass Patienten, insbesondere solche aus benachteiligten Gruppen, das Lesen der Notizen als äußerst nützlich empfanden, wobei nur wenige Verwirrung oder erhöhte Sorgen meldeten. Die Studie unterstreicht den Wert transparenter medizinischer Aufzeichnungen zur Verbesserung der Patientenbeteiligung und deutet auf Potenziale für weitere Verbesserungen in der Kommunikation zwischen Patient und Arzt hin. (Walker u. a. 2019)

Elektronische Patientenakte

Der Artikel „The impact of the electronic medical record on structure, process, and outcomes within primary care: a systematic review of the evidence“ von Jayna M. Holroyd-Leduc und Kollegen untersucht die Auswirkungen elektronischer Patientenakten (EPA) in der ambulanten Primärversorgung. Die systematische Literaturübersicht analysiert Studien von 1998 bis 2010 und zeigt, dass EPA strukturelle Vorteile wie bessere Lesbarkeit und Zugänglichkeit bietet sowie Prozesse wie Dokumentation und Kommunikation verbessert. Die Effekte auf klinische Ergebnisse sind jedoch weniger eindeutig, mit nur geringfügigen Verbesserungen der Gesundheitsqualität. Kosten-Nutzen-Analysen deuten auf langfristige Einsparungen hin. (Holroyd-Leduc u. a. 2011)

Der Artikel „Adopting electronic medical records: Are they just electronic paper records?“ von Morgan Price und Kollegen untersucht die Herausforderungen bei der Einführung elektronischer Patientenakten in der Primärversorgung in Manitoba, Kanada. In einer Mixed-Methods-Studie mit 57 Interviews und Diskussionsgruppen in fünf Praxen wurden Adoptionsniveaus (2,3 bis 3,0 von 5) bewertet und qualitative Analysen durchgeführt. Viele Nutzer verwendeten die elektronischen Systeme lediglich als „elektronische Papierakten“, ohne erweiterte Funktionen wie Entscheidungsunterstützung, Patientenzugang zu Daten oder Praxisberichte zu nutzen. Hauptprobleme waren eine technologische Implementierungsgrenzen, mangelnde Kenntnis der Funktionen und schlechte Datenqualität der Akten, die zukünftige Nutzung einschränken könnten. Die Autoren betonen die Notwendigkeit von Schulungen und Qualitätsverbesserungen, um die Optimierung der elektronischen Patientenakten zu fördern. (Price, Singer, und Kim 2013)

Im Artikel „Challenges to EHR Implementation in Electronic- Versus Paper-based Office Practices“ von Stephanie O. Zandieh und Kollegen werden spezifische Hürden bei der Einführung elektronischer Patientenakten (EPA) in papierbasierten und bereits digitalisierten ambulanten Praxen identifiziert. Für papierbasierte Praxen wurden folgende Hürden hervorgehoben: unzureichende Hardware wie Arbeitsstationen und Drucker, die Notwendigkeit eines IT-Experten vor Ort, mangelnde Vertrautheit mit IT sowie Schwierigkeiten bei der Anpassung der Arbeitsabläufe an ein papierloses System. Diese Praxen erwarteten zudem Produktivitätseinbuße während der Umstellung. Im Gegensatz dazu sahen bereits digitalisierte Praxen andere Hindernisse: Widerstand gegen den Wechsel von einem vertrauten System, unzureichende technische Schulungen und fortlaufender Support. Beide Praxistypen kämpften mit Produktivitätsverlusten und Anpassungsschwierigkeiten, jedoch unterschieden sich die Schwerpunkte der Herausforderungen je nach Ausgangslage. (Zandieh u. a. 2008)

Der Artikel „Electronic Health Record Impact on Work Burden in Small, Unaffiliated, Community-Based Primary Care Practices“ von Jenna Howard und Kollegen untersucht, wie der Einsatz elektronischer Patientenakten die Arbeitsbelastung in kleinen, unabhängigen Primärversorgungspraxen beeinflusst. Durch qualitative Feldforschung in sieben Praxen im Nordosten der USA wurde festgestellt, dass elektronische Patientenakten die Arbeitsbelastung von nicht-ärztlichen Mitarbeitern (z. B. durch verbesserte Patientenaufnahme und Kommunikation) reduziert, während sie bei ärztlichem Personal variabel wirkt: Einige Aufgaben wie Verschreibungen werden erleichtert, andere wie das Sprechzimmerdokumentation und die Verwaltung chronischer Krankheiten erschweren die Arbeit. Die Studie betont, dass durchdachte Implementierung und Workflow-Redesign die Belastung für das ärztliche Personal mildern können. Sie fordert PVS-Entwickler, die komplexen Bedürfnisse des Personals besser zu berücksichtigen, um die Effizienz und Nutzung zu optimieren. (Howard u. a. 2013)

Der Artikel „The Impact of Electronic Health Records on Workflow and Financial Measures in Primary Care Practices“ von Neil S. Fleming und Kollegen untersucht die Auswirkungen der Einführung eines kommerziellen elektronischen Patientenakten-Systems auf Arbeitsabläufe und finanzielle Kennzahlen in 26 Primärversorgungspraxen des HealthTexas Provider Network zwischen 2006 und 2008. Mithilfe eines unterbrochenen Zeitreihendesigns wurden monatliche Daten von 2004 bis 2009 analysiert, darunter Personalbestand, Produktivität, Patientenzahlen, Praxiskosten, Einnahmen und Nettogewinn. Die Ergebnisse zeigen, dass nach der Einführung einer elektronischen Patientenakte die Personalkosten und Praxisausgaben anstiegen (3 bzw. 6 % nach 12 Monaten), während Produktivität, Besuchszahlen und Nettogewinn zunächst sanken, sich aber nach 12 Monaten weitgehend erholten. Die Besuchsintensität blieb stabil.(Fleming u. a. 2014)

Effiziente Dateneingabe

Die Arbeit „Making Keyboard Shortcuts Accessible: Keyboard Shortcuts for Healthcare Professionals in an Electronic Healthcare System“ von Julia Grentzelius untersucht die Nutzung von Tastaturkürzeln im klinischen Informationssystem COSMIC. Ziel der Studie war es, herauszufinden, welche Nutzergruppen am meisten von Tastaturkürzeln profitieren würden und wie sie diese effektiv erlernen können. Die Forschung ergab, dass insbesondere Pflegekräfte durch den Einsatz von Tastaturkürzeln erhebliche Zeitersparnisse erzielen könnten. Hauptprobleme waren mangelndes Bewusstsein und fehlende Visualisierung der Shortcuts. (Grentzelius 2023)

Der Artikel „Hidden Costs of Graphical User Interfaces“ untersucht, warum erfahrene Nutzer von grafischen Benutzeroberflächen wie Microsoft Word selten effiziente Tastenkürzel verwenden, obwohl diese schneller sind als Menüs und Symbolleisten. Eine Umfrage unter 251 erfahrenen Word-Nutzern zeigte, dass die meisten die weniger effizienten Symbolleisten bevorzugen, während eine zweite Studie mit sechs Teilnehmern bestätigte, dass Tastenkürzel tatsächlich die schnellste Methode sind. Die Autoren schließen, dass Nutzer trotz der Lernunterstützung durch die Oberfläche nicht zu effizienten Methoden übergehen und schlagen vor, Trainingsprogramme zu optimieren, um diesen Übergang zu fördern. (Lane u. a. 2005)

Der Artikel „Digital disparities among healthcare workers in typing speed“ untersucht die Tippfähigkeiten von 2690 Mitarbeitern aus zwei großen medizinischen Zentren in Amsterdam und zeigt erhebliche Unterschiede nach Alter, Beruf und medizinischer Spezialisierung. Die durchschnittliche korrigierte Tippgeschwindigkeit betrug 60,1 Wörter pro Minute, wobei sie mit zunehmendem Alter signifikant abnahm (rho −0,51, P<0,001), Personen mit Tippkursen über 20 % schneller tippten und Ärzte der Inneren Medizin die schnellsten unter den medizinischen Fachkräften waren, während kein Geschlechterunterschied bestand. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass ältere Mitarbeiter und bestimmte Berufsgruppen in einem zunehmend digitalisierten Gesundheitswesen benachteiligt sind, und schlagen Trainingsmodule sowie alternative Eingabemethoden vor, um diese Unterschiede auszugleichen. (Schuurman u. a. 2022)

Tastenkürzel können die Effizienz von Ärzten bei der Nutzung medizinischer Software steigern, indem sie repetitive Aufgaben beschleunigen und den Arbeitsfluss optimieren:

Gesundheitsinformationssysteme

Das Buch Health Information Systems: Technological and Management Perspectives von Alfred Winter, Elske Ammenwerth, Reinhold Haux, Michael Marschollek, Bianca Steiner und Franziska Jahn bietet eine umfassende Einführung in die Technologien und Managementansätze von Gesundheitsinformationssystemen. In dieser überarbeiteten Open-Access-Ausgabe von 2023 wird detailliert beschrieben, wie diese Systeme in verschiedenen Kontexten – von der Prävention über die Behandlung akuter und chronischer Krankheiten bis hin zur medizinischen Forschung – aufgebaut, verwaltet und deren Qualität bewertet werden kann. (Winter u. a. 2023)