Entwurf

Videosprechstunde

Einleitung

Gemeinsame Merkmale von Videosprechstundenprodukten:

  • Video- und Audio-Kommunikation: Alle Anbieter bieten eine Plattform zur visuellen und akustischen Interaktion zwischen Arzt und Patient.
  • Datensicherheit: Verschlüsselung und Datenschutz, um die Vertraulichkeit medizinischer Informationen zu gewährleisten.
  • Benutzerfreundlichkeit: Die meisten Systeme sind so gestaltet, dass sowohl Patienten als auch Ärzte sie ohne große Einarbeitung nutzen können.
  • Terminplanung: Integration oder zumindest die Möglichkeit der Terminverwaltung, um den Ablauf zu organisieren.
  • Dokumentenfreigabe: Die Funktion, während oder nach der Sitzung Dokumente zu teilen.

Unterscheidende Merkmale:

  • Integration mit anderen Systemen: Die Tiefe der Integration mit Praxisverwaltungssystemen kann stark variieren. Einige bieten umfassende APIs, andere vielleicht nur rudimentäre Schnittstellen.
  • Zusätzliche Funktionen: Dies kann von Screensharing, über spezielle Module für verschiedene medizinische Fachbereiche bis hin zu erweiterten Chat-Funktionen oder der Möglichkeit, Rezepte direkt zu verschicken, reichen.
  • Anpassungsmöglichkeiten: Während einige Plattformen stark anpassbar sind, um den individuellen Bedürfnissen zu entsprechen (z.B. durch White-Label-Lösungen), sind andere eher standardisiert und weniger flexibel.
  • Mehrsprachigkeit: Die Verfügbarkeit in mehreren Sprachen kann ein Unterscheidungsmerkmal sein, besonders für internationale oder kulturell vielfältige Patientengruppen.
  • Qualität der Verbindung: Die technische Ausstattung und Serverinfrastruktur der Anbieter kann zu unterschiedlichen Qualitäten in der Video- und Audioübertragung führen.
  • Support und Schulung: Der Umfang und die Art der angebotenen Unterstützung, sei es durch Schulungsmaterialien, Live-Support oder umfassende FAQs, variiert.
  • Compliance und Zertifizierung: Spezifischen Zertifizierungen wie bspw. ISO 27001.

Diese Merkmale zeigen, dass, obwohl die Grundfunktion einer Videosprechstunde bei allen Anbietern ähnlich ist, die Details in der Umsetzung und die zusätzlichen Dienstleistungen erhebliche Unterschiede darstellen.

Studienlage

Videosprechstunden bieten Hausärzten Flexibilität und erleichtern die Gestaltung effizienter Behandlungsabläufe, insbesondere bei Triage- und Nachsorgefällen. Sie verbessern die Erreichbarkeit für Patienten, führen jedoch zu Herausforderungen wie einem Anstieg trivialer Anfragen und einer möglichen Beeinträchtigung der Diagnosefähigkeit. Die einfache Verfügbarkeit kann die Fähigkeit der Patienten zur Selbstfürsorge verringern, was Ärzte zusätzlich belastet. Eine Balance zwischen digitalen und physischen Konsultationen wird als essenziell angesehen, um die Versorgungsqualität und die Kontinuität in der Arzt-Patient-Beziehung zu wahren. Die Studie hebt hervor, dass Videosprechstunden das Gesundheitssystem transformieren, jedoch eine bewusste Integration erfordern. (Norberg u. a. 2024; Mold u. a. 2019)

Die Studie in fünf nordeuropäischen Ländern (Assing Hvidt u. a. 2023) zeigt, dass trotz der Einführung während der COVID-19-Pandemie die Akzeptanz durch ÄrztInnen und Personal gering bleibt, was auf Barrieren wie mangelnde technische Integration, begrenzte finanzielle Anreize und Vorbehalte zurückzuführen ist. Die Videosprechstunde wurde von PatientInnen zwar als flexibel und effizient geschätzt, von ÄrztInnen jedoch als unzureichend wahrgenommen, um eine qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten. Für eine erfolgreiche Implementierung sind technische Integration, finanzielle Förderung und ein Wandel notwendig, der die berufliche Identität und Praxisnormen berücksichtigt.

Eine Arbeit von Ivanova et al. untersuchte die Präferenzen und Erfahrungen von US-Erwachsenen mit Telemedizin im Vergleich zu traditionellen Arztbesuchen anhand einer landesweiten Umfrage mit 4577 Teilnehmern im Jahr 2022. Im Vergleich zu 2017 stieg die Bekanntheit von Telemedizin bei Hausärzten von 5,3 % auf 61,1 %, und die Nutzung von 3,5 % auf 34,5 %. Die Zufriedenheit mit Telemedizin (70,3 %) war ähnlich hoch wie mit Präsenzbesuchen (77,8 %), und Telemedizin wurde als einfacher empfunden (71,3 % vs. 62,9 %). Personen mit niedrigerem Einkommen berichteten über geringere Zufriedenheit und Nutzerfreundlichkeit, was auf finanzielle Barrieren hinweist. Die Akzeptanz war höher, wenn ein bestehendes Arzt-Patienten-Verhältnis bestand. 70 % der Befragten wären enttäuscht, wenn Telemedizin nicht mehr verfügbar wäre. Die Ergebnisse zeigen, dass Telemedizin zunehmend akzeptiert wird, aber weiterhin soziale Ungleichheiten bestehen. (Ivanova u. a. 2024)

In einer Pilotstudie wurden 28 Patienten telemedizinisch betreut, indem digitale Symptomerfassung und Videokonsultationen mit herkömmlichen Arztbesuchen kombiniert wurden. Die Ergebnisse zeigten eine hohe diagnostische Übereinstimmung von 92,8 %, eine um 26,2 % kürzere Konsultationsdauer und eine hohe Patientenzufriedenheit von 85,5 %. Die Autoren schlussfolgern, dass Videokonsultation eine sichere und effiziente Ergänzung zur herkömmlichen medizinischen Versorgung darstellt. (Tan u. a. 2022)

Der Artikel „Patient e-Visit Use and Outcomes for Common Symptoms in an Integrated Health Care Delivery System“ untersucht die Nutzung und den Erfolg von e-Visits für häufige Beschwerden wie Harnwegsinfektionen oder Atemwegsinfekte in einem integrierten Gesundheitssystem im Jahr 2019. Die meisten Nutzer waren Frauen unter 40, und 81 % benötigten innerhalb von 7 Tagen keine weitere Betreuung, was auf eine erfolgreiche Versorgung hinweist. Ärzte bearbeiteten die Anfragen in 2–3 Minuten mithilfe digitaler Tools, was e-Visits effizienter als traditionelle Besuche macht. Dennoch könnten begrenzte Erstattungen die Akzeptanz bremsen. (Bhargava u. a. 2021)

Vergütung über EBM

Die Videosprechstunde kann im ambulanten Bereich für eine Vielzahl von Leistungen eingesetzt und nach dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) vergütet werden. Dazu gehören Gesprächsleistungen wie problemorientierte ärztliche Gespräche, psychiatrische und psychotherapeutische Sitzungen (Einzel- und Gruppentherapie), Beratungsgespräche, Verlaufskontrollen sowie spezifische Beratungen (z. B. genetische Beratung oder Schmerztherapie). Zudem sind Notfallpauschalen im organisierten Notfalldienst, Konsiliarpauschalen und Zuschläge für bestimmte Fachgruppen vorgesehen. Auch ambulante spezialfachärztliche Versorgungen (z. B. bei Mukoviszidose oder onkologischen Fallkonferenzen) sowie Videofallkonferenzen mit Pflegekräften oder zur Versorgung von Palliativpatienten sind möglich. Die Abrechnung erfolgt unter bestimmten Bedingungen, etwa mit einer Begrenzung auf maximal 30 % der Behandlungsfälle pro Quartal, und kann mit Abschlägen verbunden sein, wenn keine persönliche Konsultation stattfindet.

Die neue EBM-Gebührenordnungsposition 01443 (gültig ab 1. April 2025) ermöglicht die vergütete Videofallkonferenz zwischen Vertragsärzten und Pflege(fach)kräften, die an der Versorgung eines chronisch pflegebedürftigen Patienten in dessen Häuslichkeit, einer Pflegeeinrichtung oder einer beschützenden Einrichtung beteiligt sind. Der Unterschied zwischen den EBM-Gebührenordnungspositionen 01442 und 01443 liegt in der abrechnungsberechtigten Arztgruppe und dem spezifischen Anwendungsbereich. Während die GOP 01442 nur von koordinierenden Vertragsärzten für die Videofallkonferenz mit Pflege(fach)kräften bei chronisch pflegebedürftigen Patienten abgerechnet werden kann, ist die GOP 01443 (ab April 2025) für alle Vertragsärzte zugänglich, die einen chronisch pflegebedürftigen Patienten mitbehandeln, sofern innerhalb der letzten drei Quartale ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt stattgefunden hat. Die neue GOP wurde speziell zur Verbesserung der Versorgung von Demenzpatienten eingeführt, ist zunächst für zwei Jahre außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung angesiedelt und wird zum festen Preis vergütet. Diese Erweiterung erleichtert die interdisziplinäre Abstimmung und stärkt die medizinische Versorgung von Menschen mit Demenz.

Siehe dazu:

Softwarelösungen

Übersicht Softwarelösungen Videosprechstunde
Index Product Company URL
1 m.Doc Smart Practice m.Doc GmbH smart-practice.mdoc.one
2 VIOMEDI Facharzt-Sofort-GmbH viomedi.de
3 Doctolib Doctolib GmbH info.doctolib.de
4 samedi samedi GmbH samedi.com
5 RED connect plus RED Medical Systems GmbH redmedical.de
6 Medikonsil-direkt Dr. Lipp & Partner GbR medikonsil-direkt.de
7 Doccura – Ihre Online Videosprechstunde Bayerische TelemedAllianz GmbH doccura.de
8 arzt-direkt zollsoft GmbH arzt-direkt.de
9 ak-WhiteLabel arztkonsultation ak GmbH arztkonsultation.de
10 ZAVA sprechstunde.online ZAVA sprechstunde.online sprechstunde.online
11 TeleClinic TeleClinic GmbH teleclinic.com
12 Clickdoc CompuGroup Medical SE & Co. KGaA clickdoc.fr
13 Fernarzt HealthHero Germany GmbH Fernarzt.com
14 Jameda Jameda GmbH jameda.de
15 MediQuit MediQuit GmbH mediquit.de
16 Patientus Patientus GmbH patientus.de
17 DrAnsay DrAnsay GmbH dransay.com
18 Doxy.me Doxy.me, Inc. doxy.me/de
19 Minddistrict Minddistrict GmbH Minddistrict
20 Sprechstunde Online Sprechstunde Online GmbH Sprechstunde Online
21 Webprax Webprax GmbH Webprax
22 Avodaq Avodaq AG Avodaq Connected Healthcare
23 Medityme Medityme GmbH Medityme

zweitmeinung-arzt.online bietet eine Plattform, um eine ärztliche Zweitmeinung online über eine Videosprechstunde einzuholen. Nutzer können Termine mit Fachärzten buchen, ihre medizinischen Unterlagen hochladen und eine Einschätzung erhalten, ohne lange Wartezeiten oder Anfahrtswege. Die Plattform, betrieben von der MedRefer GmbH im Auftrag der Konsilado GmbH, richtet sich an Selbstzahler und verspricht Flexibilität, Unabhängigkeit und Vertraulichkeit, wobei die Abrechnung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) erfolgt.

Gesetzgebung

Die Anlage 31c zum Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä), geschlossen zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband, regelt ab dem 1. März 2025 die Anforderungen zur Sicherung der Versorgungsqualität telemedizinischer Leistungen gemäß § 87 Abs. 2o SGB V. Sie ergänzt bestehende Vorgaben (Anlagen 31a und 31b) und zielt darauf ab, Videosprechstunden und Telekonsilien flächendeckend in die vertragsärztliche Versorgung zu integrieren. Kernpunkte umfassen die verpflichtende Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA, § 3), den elektronischen Medikationsplan (§ 4), sowie Vorgaben für niedrigschwelligen Zugang (§ 6) und strukturierte Anschlussversorgung (§ 10). Ab September 2025 wird die räumliche Nähe zwischen Arzt und Patient priorisiert (§ 7), und ein Ersteinschätzungsverfahren für unbekannte Patienten eingeführt (§ 9). Die Vereinbarung betont Datenschutz, Patientensicherheit und technische Standards (Anlage 1), um Qualität und Zugänglichkeit zu verbessern.