Entwurf

Onkologie & Hämatologie

Die Entwicklung und Implementierung von telefonbasierten Nachsorgediensten für Patienten mit onkologischen Erkrankungen zeigt vielversprechende Ergebnisse in der Verbesserung der Patientenversorgung. In der Studie „Developing a telephone follow-up service for myeloproliferative disorders“ (Tonkin 2007) wurde ein Telefonservice für Patienten mit stabilen hämatologischen Erkrankungen etabliert, der die Effizienz und Erreichbarkeit für Patienten steigerte, indem unnötige Krankenhausbesuche reduziert und die Kapazität für ambulante Behandlungen erhöht wurde. Ähnlich zeigt die Studie „The Patient Remote Intervention and Symptom Management System (PRISMS)“ (Breen u. a. 2015) die Wirksamkeit eines telemedizinischen Ansatzes zur Echtzeitüberwachung von Chemotherapie-Nebenwirkungen bei Patienten mit hämatologischen Malignomen, was die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Symptomen wie Übelkeit und Müdigkeit verbessert. Die Studie „Patient experience and use of an intervention combining nurse-led telephone and technologies for the monitoring of oral cancer medication“ (Ferrua u. a. 2019) zeigte, dass die CAPRI-Intervention, die krankenpflegegeleitete Telefonnachsorge mit einer mobilen Anwendung kombiniert, von Patienten als sehr nützlich und beruhigend empfunden wurde, wobei die persönliche Interaktion mit den Pflegekräften wichtiger war als die Nutzung der mobilen Anwendung. Die Untersuchung „Training Oncology Nurses to Use Remote Symptom Support Protocols“ (Dawn Stacey u. a. 2015) belegt, dass Schulungen das Vertrauen von Pflegekräften in die Fernüberwachung stärken und die Symptomkontrolle optimieren. Zudem hebt die integrative Übersicht „Acompanhamento por telefone como intervenção de enfermagem a pacientes em quimioterapia ambulatorial“ (Moretto, Contim, und Santo 2019) hervor, dass telefonische Nachsorge in Ländern wie den USA und Asien weit verbreitet ist und positive Effekte auf Symptommanagement, Lebensqualität und Selbstwirksamkeit erzielt. Schließlich zeigt „Dermatologic Assessment From a Distance“ (Gordon 2012), dass Telemedizin auch dermatologische Beurteilungen erleichtert, indem der Zugang zu Spezialisten verbessert wird, was die Versorgung effizienter gestaltet. Diese Studien unterstreichen das Potenzial telemedizinischer Ansätze, die Pflegequalität zu verbessern und patientenzentrierte Ergebnisse zu fördern.

Digitale Wissensplattformen

Das Angebot von Onkopedia, einem Onlineportal der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO), umfasst ein umfassendes Leitlinien- und Wissensportal für Fachkräfte, Patienten und Interessierte im Bereich Hämatologie und Onkologie. Es bietet ca. 140 Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von Blut- und Krebserkrankungen, die frei zugänglich sind und praxisnahe Empfehlungen liefern. Zusätzlich enthält die Plattform eine Wissensdatenbank mit umfangreichen Informationen, Bildmaterialien und Arzneimittelbewertungen, einschließlich Zulassungsstudien und Nebenwirkungen. Das Wissensportal wurde auch als mobile App zugänglich gemacht. Die kostenfreie App, verfügbar für iOS und Android, bietet Fachkräften und Patienten direkten Zugriff auf die Wissensdatenbank für eine flexible und ortsunabhängige Nutzung.

Das Angebot von onkowissen.de umfasst eine Reihe von digitalen Anwendungen, die die Verfügbarkeit von Wissen zu Diagnose und Behandlung verschiedener onkologischer Erkrankungen erleichtern sollen. Zu den verfügbaren Anwendungen gehören unter anderem „CLL onkowissen“ für chronische lymphatische Leukämie, „ITP onkowissen“ für immune Thrombozytopenie, „Prostatakarzinom onkowissen“ für Prostatakrebs, „CTCL onkowissen“ für kutane T-Zell-Lymphome und „GynOnk onkowissen“ für gynäkologische Tumore. Diese Apps bieten Fachkräften mit einem onkowissen.de-Login digitalen, schnellen und aktuellen Zugriff auf umfassende Informationen, darunter Therapiealgorithmen, verfügbare Substanzen, Diagnostik, Therapiemanagement sowie Newsfeeds mit aktuellen Entwicklungen.

EasyOncology ist eine von Fachärzt:innen der Universitätsklinik Köln seit 2013 entwickelte App, die medizinischen Fachkräften praxisnahe, evidenzbasierte und aktuelle onkologische Behandlungsempfehlungen bietet. Mit klinisch validierten Therapiealgorithmen, die aktuelle Leitlinien und Best Practices berücksichtigen, unterstützt die CE-zugelassene App eine schnelle, intuitive Orientierung in der komplexen Onkologie. Zusätzlich umfasst sie Informationen zu Begleiterscheinungen, komplementären Behandlungen und sozialmedizinischen Aspekten.

Oncologics ist eine kostenlose Lernplattform für medizinische Fachkreise, die sich auf Onkologie spezialisiert hat. Über die Website und den YouTube-Kanal bietet sie kurze, prägnante und verständliche Erklärvideos zu komplexen onkologischen Themen, entwickelt von erfahrenen Expert:innen. Die Plattform richtet sich an Fachkräfte aus Medizin, Psychotherapie, Geburtshilfe, Pflege und Rettungsdienst. Der Zugang ist beschränkt, um die Inhalte exklusiv für Fachkreise bereitzustellen.

Komplementärmedizin

  • [Memorial Sloan Kettering Cancer Center Search About Herbs](https://www.mskcc.org/cancer-care/diagnosis-treatment/symptom-management/integrative-medicine/herbs/search

Forschung

Die Studie „Remote Monitoring of Chemotherapy-Induced Peripheral Neuropathy by the NeuroDetect iOS App: Observational Cohort Study of Patients With Cancer“ untersucht die Machbarkeit und Genauigkeit der NeuroDetect-App zur Fernüberwachung von Chemotherapie-induzierter peripherer Neuropathie (CIPN) bei Krebspatienten unter neurotoxischer Chemotherapie. Die App integriert subjektive Patientenberichte über die EORTC QLQ-CIPN20-Skala mit sechs objektiven funktionellen Tests, die neurologische Untersuchungen wie Gehen, Stehen und manuelle Geschicklichkeit mittels Smartphone-Sensoren nachbilden. In einer prospektiven, longitudinalen Kohortenstudie mit 45 Patienten zeigte die NeuroDetect-App eine hohe Genauigkeit bei der Erkennung von CIPN in den Füßen (AUC=83,8%), jedoch nicht in den Händen (AUC=67,9%), wobei der Romberg-Stance-Test und der Finger-Tapping-Test die größten Beiträge leisteten. Die Kombination von funktionellen und subjektiven Daten verbesserte die Erkennungsgenauigkeit numerisch, insbesondere früh im Behandlungsverlauf, doch sind größere Studien erforderlich, um die Modelle zu validieren und den klinischen Nutzen zu bestätigen. (Chen u. a. 2025)

Die Studie „A Retrospective Observational Study on the Impact of Digital Strategies to Boost Cervical Screening Uptake in Primary Care“ untersuchte den Einfluss digitaler Strategien auf die Teilnahme an der Gebärmutterhalskrebs-Vorsorge in einer ländlichen Hausarztpraxis in Großbritannien. Durch den Einsatz von Videos, Informationsmaterial und einem Online-Buchungssystem stieg die Teilnahmequote innerhalb von drei Monaten signifikant: bei Frauen von 25–49 Jahren von 77 % auf 80,5 %, bei 50–64-Jährigen von 81 % auf 97 %, womit das nationale Ziel von 80 % erreicht wurde. Die Ergebnisse zeigen, dass digitale Kommunikation Barrieren wie Angst oder geringe Gesundheitskompetenz überwinden kann, insbesondere bei älteren Frauen, und eine kosteneffiziente, skalierbare Methode zur Verbesserung der Vorsorge darstellt. (Haith u. a. 2025)

Die Studie „Low-Burden Electronic Health Record Strategies for Engaging Oncologists in Digital Health Behavior Change Interventions: Qualitative Interview Study“ untersucht, wie Onkologen mit möglichst geringem Zusatzaufwand besser in digitale Gesundheitsinterventionen zur Verhaltensänderung bei Krebsüberlebenden eingebunden werden können. Dazu wurden leitfadengestützte Interviews mit 18 Onkologen geführt, um deren Wünsche, Informationsbedarf und Präferenzen hinsichtlich technischer Unterstützung, etwa durch das elektronische Gesundheitsakten-System (EHR), zu ermitteln. Die Ergebnisse zeigen, dass Onkologen digitale Verhaltensinterventionen befürworten, jedoch klare und knappe Informationen, einfache Überweisungstools sowie automatisierte Erinnerungen benötigen, um Patienten wirksam zu unterstützen. Die Studie empfiehlt, solche niedrigschwelligen Strategien direkt ins EHR zu integrieren, um Onkologen die Kommunikation und Motivation von Patienten für gesundheitsförderndes Verhalten zu erleichtern. (Jayeoba u. a. 2025)

Brustkrebs

Das Projekt digiOnko – “integratives Konzept zur personalisierten Präzisionsmedizin in Prävention, Früherkennung, Therapie und Rückfallvermeidung am Beispiel von Brustkrebs” – zielt darauf ab, die Versorgung von Frauen in Bezug auf Brustkrebs durch den Einsatz digitaler Medizin signifikant zu verbessern. Es vernetzt reale Betreuungsstrukturen mit digitalen Anwendungen (wie z. B. mobile Messungen und Apps) und bindet ein Kompetenzteam aus verschiedenen Fachbereichen ein, um Patientinnen individuell von der Prävention über die Behandlung bis zur Nachsorge zu begleiten. Ein wichtiger Bestandteil ist die freiwillige Datenspende der Patientinnen, um durch die Auswertung mithilfe von Künstlicher Intelligenz neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen und somit zukünftige Strategien zur Prävention und Behandlung zu optimieren.

Studien belegen die zunehmende Relevanz und Machbarkeit digitaler und mobiler Anwendungen in der Brustkrebsversorgung (Kirsch u. a. 2024), wobei aber auch Herausforderungen hinsichtlich der Adhärenz und der Integration bestehen. Die “Digital Home-Based Health Care Center”-Studie (Huebner u. a. 2025) zeigt, dass die digitale Heimüberwachung von Nebenwirkungen während einer CDK4/6-Inhibitor-Therapie technisch möglich ist und von Patientinnen akzeptiert wird, wenn auch die Adhärenz aufgrund technischer Probleme noch moderat ist. Die “Fully Automatic HER2 Tissue Segmentation”-Studie (Öttl u. a. 2025) demonstriert Genauigkeit und Potenzial von KI-gestützter Gewebe-Segmentierung, um die Pathologiebewertung zu standardisieren und zu unterstützen. Die BRE-BY-MED-Studie (Brandstetter u. a. 2025) weist auf die hohe Prävalenz von Polypharmazie bei metastasiertem Brustkrebs hin und unterstreicht die Notwendigkeit eines verbesserten Medikationsmanagements, das durch digitale Tools unterstützt werden könnte. Darüber hinaus bestätigt die Studie “Comparative Assessment of Breast Volume” (Behrens u. a. 2025) die hohe Übereinstimmung der 3D-Brustvolumenmessung per Smartphone mit der MRT-Messung, während die “Evaluating the effectiveness of mobile health in breast cancer care: a systematic review” (Flaucher u. a. 2023) und “Content-Based Review of Mobile Health Applications” (Altmannshofer u. a. 2024) das grundsätzliche Potenzial von mHealth zur Verbesserung der Lebensqualität und Symptomkontrolle unterstreichen, jedoch eine heterogene Evidenz und Qualitätsunterschiede bei Apps konstatieren.

Kuenstliche Intelligenz

Die Studie „Development and validation of an autonomous artificial intelligence agent for clinical decision-making in oncology“, veröffentlicht in Nature Cancer (2025), stellt die Entwicklung und Validierung eines autonomen KI-Systems auf Basis von GPT-4 zur Unterstützung personalisierter Therapieentscheidungen in der Onkologie vor. Das System kombiniert verschiedene spezialisierte Werkzeuge wie Bildanalyse, Gensequenz-Erkennung und medizinische Datenbanken, um realistische, multimodale Patientendaten eigenständig auszuwerten. In Tests zeigte die KI mit 20 simulierten Patientenszenarien eine deutlich höhere Genauigkeit und Zuverlässigkeit bei klinischen Entscheidungen als GPT-4 allein. Die Ergebnisse unterstreichen, dass das Zusammenspiel von Sprachmodellen und medizinischen Spezialtools die Präzision und Nachvollziehbarkeit von KI-gestützten Entscheidungsprozessen in der Onkologie erheblich steigern kann. (Ferber u. a. 2025)

In der Studie „An Open-Source Hybrid Large Language Model Integrated System for Automated Curation of Breast Cancer Treatment Data“ wird ein hybrides, offenes und integriertes System beschrieben, das mithilfe großer Sprachmodelle die automatisierte Erfassung und Kuratierung von Behandlungsdaten bei Brustkrebs ermöglicht. Ziel des Systems ist die Extraktion zeitlicher Informationen zu Krebsbehandlungen aus verschiedensten klinischen Dokumenten und Anmerkungen, um den aufwendigen manuellen Aufwand bei der Datenaufbereitung zu reduzieren. Dies soll die Analyse und Nachverfolgung von Brustkrebsbehandlungen effizienter und genauer gestalten. (Tariq u. a. 2025)

Die Studie „Radiomics: Images Are More than Pictures, They Are Data“ beschreibt Radiomics als eine innovative Methode, bei der medizinische Bilder wie CT, MRT oder PET in umfangreiche quantitative Daten umgewandelt werden, um Tumore besser zu charakterisieren und personalisierte Krebsbehandlungen zu ermöglichen. Sie zeigt, wie Radiomics Bildinformationen nutzt, die für das menschliche Auge unsichtbar sind, um diagnostische, prognostische und prädiktive Einsichten zu gewinnen. Dabei umfasst der Prozess mehrere Schritte von der Bildaufnahme über Segmentierung bis zur Merkmalsextraktion und Datenmodellierung. Radiomics wird als vielversprechendes Werkzeug für die Präzisionsmedizin dargestellt, das die Behandlungsergebnisse verbessern und individualisieren kann, stellt aber auch Herausforderungen wie Standardisierung und Datenvalidierung dar. (Gillies, Kinahan, und Hricak 2016)

Anwendungen

Die myTcell-App, entwickelt von FUSE im Auftrag des LMU Klinikums München, ist ein zertifiziertes Medizinprodukt der Klasse I, das seit Juli 2021 europaweit für iOS, Android und als Desktop-Version auf mytcell.de verfügbar ist. Sie unterstützt Ärzt:innen beim Management von Nebenwirkungen infolge Krebstherapien mit CAR-T-Zellen und Bispezifischen Antikörpern (BiTEs), die bei Leukämien und Lymphomen eingesetzt werden. Die App bietet interaktive Werkzeuge wie den Toxicity Calculator zur Bewertung von Nebenwirkungen wie CRS, ICANS oder HLH und liefert gradspezifische Therapieempfehlungen basierend auf Leitlinien der ASTCT, EBMT und NCCN. Sie führt durch die komplexe Vorbehandlungslogistik, dient als Nachschlagewerk mit Verlinkungen zu Studien und ermöglicht über die Connect-Funktion die Kontaktaufnahme mit CAR-T-Zentren in Deutschland. myTcell verbessert die Patientensicherheit und spart Zeit, wie in einer Untersuchung anhand Nutzer:innenfeedback beschrieben wurde. (Blumenberg u. a. 2021)

PatientInnenkommunikation

Die Studie mit dem Titel „Cancer vlog community building for social support on YouTube: a social capital perspective“ untersucht, wie Krebsbetroffene durch das Vloggen auf YouTube soziale Unterstützung und Gemeinschaft aufbauen können. Die Autor:innen analysierten über 48.000 Kommentare von sieben Krebs-Vlog-Kanälen mittels maschinellen Lernens und fanden heraus, dass diese Communities neben klassischen Unterstützungsformen auch einzigartige Arten wie Fürsprache, Bestätigung und spirituelle Sympathie bieten. Im Verlauf der Zeit nahmen vor allem die Unterstützung durch Handeln und emotionale Zusicherung zu, während rein informative Hilfe abnahm. Die Ergebnisse zeigen, dass Krebs-Vlog-Communities ein wertvoller Raum sind, um soziale Bindungen und Ressourcen zu stärken. (Kim u. a. 2025)

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